Republik: Ein Magazin im Dialog mit dem Publikum
Das Schweizer Online-Magazin Republik wird ganz besonders finanziert: durch die eigenen LeserInnen. Die dürfen nicht nur die Inhalte genießen, sondern sind auch die VerlegerInnen. Obwohl es das Magazin erst seit Anfang 2018 gibt, begeistert „Republik“ mit bis zu drei Veröffentlichungen am Tag seine inzwischen fast 18 000 LeserInnen. Brisante Recherche und unterhaltsame Essays sind die Devise.
„Republik“ ist für den Grimme Online Award 2019 in der Kategorie Information nominiert. Christof Moser, Chef-Redakteur von „Republik“, spricht im Interview über die Finanzierung, bisherige Erfolge und Ziele des Magazins.
Warum haben Sie sich für den Magazin-Namen „Republik“ entschieden?
Republik ist eine Form von Gesellschaft, in der das beste Argument gilt. Da die Schweiz, anderes als die Bundesrepublik, eine Konföderation ist, ist dieser Begriff recht unbenutzt. Mit diesem Namen wollen wir die Republik, die öffentliche Sache, zum Ausdruck bringen.
Was hat den Ausschlag gegeben, das Projekt zu starten?
Es gibt mehrere Gründe. Der erste Grund ist die Medienkonzentration in der Schweiz. Drei Verlage kontrollieren 80 % der veröffentlichten Meinung. Dazu kommt auch, dass diese Verlage seit längerem nicht in den Journalismus investieren, sondern beispielsweise in Verkaufsplattformen für Autos. Darunter leiden die Redaktionen, aber es leidet auch die Innovation. Das war unser Grund zu sagen: ,,Wir müssen selber etwas auf die Beine stellen.“ Es gibt noch einen dritten Aspekt: Diejenigen, die noch in den Journalismus investieren, sind Milliardäre, die sich in den Journalismus einkaufen – was zur Gefahr der politischen Übernahme der Medien führt. Aus diesen Gründen wollten wir ein unabhängiges, von Lesern finanziertes Modell.
Funktioniert dieses Projekt des unabhängigen Journalismus wie erwartet?
Es gibt immer tausend Dinge, die nicht funktionieren, wenn man so etwas auf die Beine stellt. Was aber gut funktioniert, sind zwei Dinge: Unsere Redaktion macht wirklich gute Geschichten, Beweis dafür sind unsere steigenden Abos. Was sehr gut funktioniert, ist, dass wir unsere Leser und Leserinnen zu Mitbesitzern des Unternehmens machen; sie sind Teil einer Genossenschaft, so binden wir sie ein. Aber komplett unabhängig sind wir nicht: Statt von der Werbung abhängig zu sein, sind wir es von unseren Lesern. Es besteht die Gefahr, den Lesern nach dem Mund zu schreiben, aber wir versuchen, das sehr bewusst nicht zu tun.
Könnt ihr euch in „Republik“ offener zu politisch oder sozial kontroversen Themen äußern?
Wir recherchieren über Wochen am selben Thema. Deshalb können wir eine tiefere Sicht auf gewisse Themen werfen und unseren LeserInnen dadurch ein kompletteres und recht anderes Bild zeigen. Wir müssten nicht jeden Tag Dutzende Geschichten publizieren, um wie die werbefinanzierten Online-Portale die Reichweite für den Werbemarkt zu maximieren. Wir publizieren nicht mehr als drei Geschichten pro Tag, unser Motto ist: weniger ist mehr. Da sind wir ein Gegenmodell.
Wie sehr können sich LeserInnen als VerlegerInnen an „Republik“ beteiligen?
Unsere Leser dürfen viel im Unternehmen entscheiden. Sie dürfen zum Beispiel die Strategie entscheiden: Sollen wir eher in Audio investieren oder in Video? Wollen wir Datenjournalismus oder Korrespondenten in Deutschland? Sie haben sich in diesem Fall für Datenjournalismus entschieden. Ein guter Verleger mischt sich in den Inhalt nicht ein, er darf nicht fordern, dass etwas geschrieben wird.
Wie sind eure Zukunftspläne für „Republik“?
Wir sind erst seit einem Jahr am Start. Für die Zukunft erhoffen wir uns, dass das Unternehmen gut funktioniert und dass wir ein ausreichendes Budget haben. Dafür haben wir uns fünf Jahre Zeit gegeben. Bis dahin rechnen wir mit 24.000 bis 25.000 Abonnenten. Und wir rechnen damit, das Geld an unsere Investoren zurückzuzahlen. Wir setzen uns auch als Ziel, „Republik“ ständig weiter zu entwickeln, die Bedürfnisse unserer Leser zu hören. Zu erfahren: Wie konsumieren sie uns? Was ist ihnen wichtig im Alltag? Republik soll im Bereich Audio mit Podcast ausgebaut werden, im Dialog mit dem Publikum.
Das Interview führte Sarah Lopez.
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Die Interviews entstanden in medienpraktischen Übungen und Seminaren im Bachelor-Studiengang Online-Redaktion an der TH Köln.
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