Den Finger in die Wunde legen
Hinter dem funk-Angebot „Jäger & Sammler“ steckt ein investigatives Team, das ein klares Ziel verfolgt: informieren, konfrontieren und enthüllen. Auf ihrer Facebook-Seite erscheint wöchentlich ein Video zu einem gesellschaftlich relevanten Thema, das die Menschen bewegt. Dabei lassen die Moderatoren ihre eigene Meinung nicht außen vor, sondern diskutieren persönlich mit der Community – auch über kontroverse Themen.
„Jäger & Sammler“ ist für den Grimme Online Award 2018 in der Kategorie Information nominiert. Wer und was hinter dem Namen steckt und welche Ziele mit dem Angebot verfolgt werden, erklärt die Redakteurin Kyo Mali Jung im Interview.
Welche Idee steckt hinter den Namen „Jäger & Sammler“?
Wir jagen und sammeln Geschichten. Bei Reportagen zum Beispiel treffen wir Menschen und sammeln alle möglichen Geschichten in unserem Körbchen zusammen. Wenn es um investigative Themen und Missstände geht, müssen wir auch mal jagen und Menschen stellen, die sich vielleicht nicht unbedingt äußern wollen. Das ist aber nötig, da auch sie letztendlich das Recht haben, sich zu Vorwürfen zu äußern.
Wer sind die „Jäger & Sammler“?
Die Gruppe um „Jäger & Sammler“ besteht aus ganz vielen unterschiedlichen meinungsstarken Persönlichkeiten, die wir „Hosts“ nennen. Die arbeiten meist Hand in Hand mit jeweils einem Videojournalisten oder auch Autoren am Thema zusammen. Dann gibt es noch die feste Redaktion bei der Produktionsfirma UFA Lab bestehend aus einer Teamleitung, einem Cutter, Grafikern, einem Recherchesupport und, für uns besonders wichtig, Social-Media-Redakteuren.
Nach welchen Kriterien sucht ihr Euch eure Themen aus?
Das ist unterschiedlich. Im besten Fall nehmen wir uns investigative Themen vor. Wenn man sich aber mit Investigation beschäftigt hat, weiß man, dass man das nicht bestellen kann. Das ist eine Glückssache, die sehr rechercheaufwendig ist. Uns ist es wichtig, uns zu gesellschaftlich relevanten Themen, die junge Menschen beschäftigen, zu äußern und hier dann mit der Community darüber zu debattieren. Wir wollen uns auch dahin vorwagen, wo aktuell vielleicht die anderen an der Oberfläche bleiben oder nicht die Relevanz erkennen. Und wenn es sein muss, legen wir den Finger auch mal in die Wunde.
Ist euer Ziel die Provokation?
Nicht unbedingt. Wenn man sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzt oder Missstände sucht, dann legt man sich ja meistens, im besten Fall, mit mächtigen Menschen an. Das führt natürlich auch zu einer Reibung und man eckt dann manchmal an. Außerdem nehmen wir uns Themen zur rechten Szene an oder machen viel zu Gleichberechtigung. Da fällt es dann natürlich schon auf, dass sich Menschen schnell kritisiert fühlen, was aber ja auch unser Ziel ist. Wir sind schon mit der Idee gestartet, nicht nur die journalistische Blase zu erreichen, sondern auch Menschen ganz unterschiedlicher Meinungen und Haltungen. Diese Menschen haben wir erreicht, auch wenn es manchmal wehtut.
Wodurch unterscheiden sich Eure Reportagen von anderen?
Ich glaube gerade dadurch. Wir haben die Möglichkeit, bei manchen Themen auch wirklich auf die Missstände hinzuweisen und dort den Finger in die Wunde zu legen. Ich glaube auch, dass wir ein mutiges Format sind, das Themen behandelt, die junge Menschen beschäftigen.
Inwieweit stoßt ihr mit eurer Arbeits- und Gestaltungsweise auf Kritik? Wie geht ihr damit um?
Kritik bekommen wir vor allem zu spüren, wenn wir uns mit der rechten Szene anlegen. Wir wissen mittlerweile, dass es organisierte Strukturen sind, die dazu aufrufen, die Videos zu disliken oder mit Negativkommentaren zu bombardieren. Aber auch sobald wir uns feministischen Themen widmen wie dem Gender Pay Gap, merken wir, dass es vor allem aus einer bestimmten Ecke Kritik gibt. Natürlich wird es immer dann sehr schwierig und unangenehm, finde ich, wenn unsere Hosts persönlich angegriffen werden – wenn dann persönliche Informationen von ihnen im Netz zu finden sind und versucht wird, sie zu diffamieren. Das bewegt mich schon sehr. Jedoch haben wir, was zum Beispiel unsere Facebook-Seite betrifft, ein sehr starkes Community Management und auch das Glück, dass wir eine Community haben, die auch gegensteuert.
Wie sieht die weitere Zukunft von „Jäger & Sammler“ aus?
Wir haben das Format jetzt um ein Jahr verlängert und gehen sozusagen in die dritte Staffel. Wir arbeiten stetig an dem Format und schauen immer, an welchen Schrauben wir drehen können und welche Themen wir nochmal aufarbeiten sollten. Wir sind also stetig im Prozess, was ich ja auch sehr schön finde anstatt eine festgefahrene Form zu haben.
Das Interview führte Mine Aktas.
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