Orientierung im Internet
Wer viel Medien konsumiert hat nicht unbedingt auch viel Ahnung davon, wie Medien funktionieren. Die Website „so geht MEDIEN“ bringt Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren beispielsweise bei, wie sie „Fake News“ erkennen oder was bei Urheberrechten zu beachten ist.
Die Plattform ist ein gemeinsames Angebot von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Für den Grimme Online Award 2018 ist das Angebot in der Kategorie Wissen und Bildung nominiert. Im Interview berichtet Redakteurin Anja Schäfer, worauf es beim richtigen Umgang mit Medien ankommt und warum Medienkompetenz für die Jugend so wichtig ist.
Wie kam es zu diesem Projekt?
Es gibt bei uns im Haus Projekte, wo Kolleginnen und Kollegen an Schulen gehen und dort im Bereich der Medienerziehung tätig sind. Da war das Feedback von vielen, dass ein wahnsinnig großes Unwissen darüber herrscht, wie Medien funktionieren. Es gab so Vorstellungen: Journalisten kommen morgens zur Arbeit, schauen, was es im Internet für Informationen gibt und basteln daraus eine Nachrichtensendung zusammen. Die Leiterin der Medienkompetenzprojekte hat dann mit meiner Kollegin Johanna Rückert darüber gesprochen. Die beiden haben die Idee für ein Angebot entwickelt, das Basiswissen vermittelt. Es wurde dann ein Team zusammengerufen von verschiedenen Redaktionen und Autoren, und dann Stück für Stück die Idee ausgearbeitet. Es war am Anfang gar nicht klar, dass das eine Website wird oder wie wir sagen „Lern- und Aufklärungsplattform“.
Müssen Jugendliche heutzutage früher Medienkompetenz entwickeln, weil sie in einer digitalisierten Welt aufwachsen?
Wir haben die Zielgruppe ganz klar auf ein Alter von 14 bis 16 Jahren festgelegt. Es kommen aber immer mehr Rückfragen zu uns in die Redaktion von Lehrkräften, die in Grundschulen unterrichten. Das zeigt schon, dass da ein großer Bedarf ist. Meiner Meinung nach ist es auch wirklich wichtig, früh anzufangen und schon Kinder zu sensibilisieren, damit sie nicht alles glauben, was im Netz steht und die Sicherheit haben, auf welchen Seiten sie sich wie bewegen. Oder dass sie auch ein Gefühl dafür entwickeln, was erlaubt ist und was nicht, also dass ich nicht einfach irgendwelche Bilder teilen darf oder nicht irgendwas von einer Freundin posten darf.
Wenn Kinder auch schon früh sensibilisiert werden sollten, warum wurden speziell 14- bis 16-Jährige als Zielgruppe ausgewählt?
Wir haben uns an den Lehrplänen orientiert. Da war die große Schwierigkeit, dass in verschiedenen Bundesländern die Lehrpläne ganz anders aussehen. Das heißt, dass gewisse Inhalte in Bayern in der fünften Klasse drankommen, die in anderen Bundesländern in der neunten Klasse drankommen. Wir haben versucht, uns auf die Schwerpunkte zu konzentrieren und haben festgestellt: Das meiste dieser Medieninhalte ist in den höheren Jahrgangsstufen. Wobei einzelne Module bei uns auf der Website wirklich auch schon früher einzusetzen sind. Das Tutorial „Fake News im Netz erkennen“ setzen Medienpädagoginnen und -pädagogen schon in der 5. Klasse ein.
„Fake News“ – ist das ein Online-Phänomen oder auch ein Problem bei traditionellen Medien?
„Fake News“ gab es schon immer. Das ist auch schon in Zeitungen aufgetaucht. Was sich verändert hat, ist die massenhafte Verbreitung im Internet durch das liken und teilen, sodass Gerüchte viel schneller in Umlauf kommen. Es gibt eine Untersuchung bezogen auf Twitter, dass „Fake News“ 70 Prozent öfter geteilt werden als normale Nachrichten.
Was für Fähigkeiten sollte man beispielsweise entwickeln, um sich sicher im Netz zu bewegen?
Wichtig ist, dass junge Menschen in all dieser Nachrichten- und Informationsflut im Internet lernen, sich die Herkunft und die Quelle einer Nachricht anzuschauen. Dann ein Gefühl dafür entwickeln, was Qualität ist und was fake, also auch den Wahrheitsgehalt einschätzen. Man sollte immer mal wieder anhalten und fragen: Wer postet das und welche Absicht könnte dahinterstecken? Das ist nicht nur dieses einfache teilen und liken. Das kann ja auch wahnsinnig Spaß machen, dass man eine Art detektivische Arbeit leistet, wenn man auch mal was googelt.
Die Plattform hat bereits viel im Bereich Medienkompetenz abgedeckt – welche Rubriken oder Aspekte fehlen noch?
Das Thema „Fake News“ haben wir inzwischen ganz gut abgedeckt. Wir würden sehr gerne auch in Richtung Programmierung etwas anbieten. Also wie man zum Beispiel eine Website baut und wie ein Content Management System funktioniert. Wichtig finde ich aber auch Themen wie Algorithmen: Was ist ein Algorithmus und wie funktioniert der? Wie wertet man all diese Informationen, die zum Beispiel ein Algorithmus gesammelt hat, aus? Ich glaube, dass gerade auch wir das durch Videos gut sichtbar machen können.
Zum Thema „Fake News“ gibt es inzwischen einige Angebote – wie hebt sich „so geht MEDIEN“ davon ab?
Wir sind mit der Plattform im November 2016 online gegangen. Das war genau in der Zeit des Wahlkampfs von Donald Trump, wo dann eigentlich der Begriff „Fake News“ hochgekommen ist. Das heißt, der Autor hatte eine gute Idee, dieses Thema so aufzugreifen. Das hieß am Anfang bei uns auch noch „Lügen im Netz erkennen“. Da war dieser Begriff „Fake News“ noch gar nicht so gesetzt. Von daher waren wir früh dran und haben dann auch gemerkt, dass das ein wirklich sehr gefragtes Thema ist.
Das Interview führte Juliane Glahn
https://youtu-nocookie.be/Zn_jTFoQZZc
Die Videos entstanden im Rahmen der medienpraktischen Seminare des Masterstudiengangs International Media Studies (IMS) der DW-Akademie.
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