Ein Opernleitfaden für jedermann
Vor zwei Jahren begann die Interactiondesignerin Anna Stumpf ihrer Leidenschaft für Opern online Ausdruck zu verleihen, weil sie mehr Menschen für ihr Hobby begeistern wollte. Auf ihrer Website „How To Opera„, die in der Kategorie „Kultur und Unterhaltung“ für den Grimme Online Award 2017 nominiert ist, nimmt sie die Leser an die Hand und führt sie leicht verständlich durch die Welt der Opern. So finden sich auf ihrer Seite neben einem Opernführer, der die Inhalte einzelner Opern visualisiert, auch Opernempfehlungen, ein Blog sowie Tipps und Tricks für den ersten Opernbesuch. Im Interview gibt Anna Stumpf Auskunft darüber, wie ihr Projekt entstanden ist, wen sie damit erreichen will und wie die Arbeit daran aussieht.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen ein Webprojekt über Opern zu machen?
Mein Partner und ich haben auf Facebook des Öfteren Operntickets für das Theater Bremen gewonnen. Es gab ziemlich wenig Teilnehmer, sodass wir eigentlich fast immer gewonnen haben. Unsere erste Oper war „Der Vetter aus Dingsda„. Das war eine Operette, die man sich als junger Mensch eigentlich nie angucken würde. Wir hatten keine Ahnung von einer Opernaufführung und sind da einfach mal hingegangen. Danach waren wir hin und weg! Es war so berührend als Digital Native zu entdecken, dass da außerhalb von Bildschirmen und Leinwänden echte Menschen stehen und so leidenschaftlich und hautnah performen. Das fanden wir so spannend, dass wir da immer weiter reingerutscht sind. Wir hatten einfach das Glück, dass unsere erste Oper so locker und leicht war. Aber irgendwann haben wir gemerkt, dass wir da auch relativ alleine mit sind. Wie kann das nur sein? Das macht doch so einen Spaß. Es muss doch einen Weg geben, wie man es den Leuten leichter macht. Es muss doch möglich sein, die Inhalte einer Oper so zu vermitteln, dass das Durchlesen Spaß macht und dass man den Kern der Story versteht. Ich glaube, wenn man eine Oper versteht, dann hat man auf jeden Fall seine Freude daran. Denn eigentlich gibt es für jede Interessengruppe eine Oper, die einem gut gefallen kann.
Wie eignen sich die verwendeten Darstellungsmittel wie zum Beispiel Animationen und Grafiken für Ihren Zweck und haben Sie immer aus einem bestimmten Grund ein bestimmtes Medium gewählt?
Ich versuche immer eine Visualisierung zu wählen, die am besten den Inhalt vermittelt, den ich transportieren möchte. Und jedes Mal, wenn ich etwas Neues mache, dann gucke ich einfach, welche Informationen sind da und wie kann ich die am besten verpacken. Und da lasse ich mir auch die Freiheit, dass es jedes Mal neu sein kann, damit ich immer einen Schritt vorankomme. Zum Beispiel wurde ich total oft gefragt: „Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Oper und einer Operette?„. Um das herauszufinden, habe ich mir alle Wikipedia-Artikel zu Operngenres durchgelesen und mir Notizen dazu gemacht. Die Notizen haben dann ergeben, auf welche Weise man die Genres kategorisieren kann. Diese Kategorien haben dann bestimmt, in welcher Weise die Infografik gestaltet werden muss, sodass sich die Antwort gut transportieren lässt. Bei den Handlungen verwende ich oft Grafiken, die man einfach von oben nach unten durchscrollen kann. Aber beim „Parsifal“ war das einfach nicht praktisch. Da war es mir wichtig, dass man sieht, dass es in der Story zwei Orte gibt, die von entscheidender Bedeutung sind. Wenn ich eine neue Oper erkläre, die noch einen ganz anderen Schlüsselmoment mit sich bringt, dann würde ich da auch nochmal ganz anders ran gehen.
Wie kann man sich die Arbeit an dem Projekt vorstellen?
Beim Opernführer fange ich so an, dass ich mir das Libretto der jeweiligen Oper durchlese. Dann muss ich abwägen, welche Informationen wichtig sind. Also, was muss ich dem Leser erzählen, dass er gut durch die Oper kommt? Nachdem ich den rohen Text verfasst habe, arbeite ich den noch mal durch, damit er gut lesbar ist. Als nächstes übertrage ich den Text in mein Grafikprogramm. Zum Schluss erfolgt der Feinschliff, bei dem ich noch ein paar visuelle Extras einbaue. Ich glaube man kann da auch mittlerweile eine Entwicklung sehen. „Die Zauberflöte“ ist die neueste Handlung, da habe ich dann schon ein bisschen anders gearbeitet als am Anfang. Wenn ich jetzt nochmal mit der Zauberflötenvorlage eine neue Oper erkläre, dann würde ich trotzdem wieder etwas ändern. Damit ich irgendwann zu einer Form komme, die einfach ideal ist. Das besonders Gute an der Seite ist auch, dass sie völlig neutral gemacht ist. Es geht nur um die Story. Ich inszeniere die Charaktere nicht, sodass die Erklärungen zu jeder Opernaufführung passen können.
Ist Ihr Projekt auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet oder können sowohl Opernneulinge als auch Opernfans etwas aus Ihrer Website mitnehmen?
Größtenteils richtet sich die Website an Opernneulinge, die sich ausgiebig auf ihren Opernbesuch vorbereiten möchten. Aber schlussendlich ist sie für jeden gedacht, der die Handlung einer Oper kennen lernen möchte. Und das können Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen sein. Es gibt ja auch komplexere Opern, auf die sich auch Profis vorbereiten möchten. Aber selbst wer die Handlungen schon kennt, kann seinen Spaß daran haben die Codes in den Animationen zu entschlüsseln.
Was haben Sie in Zukunft für Ihr Projekt geplant?
Der Opernführer muss auf jeden Fall immer wieder gefüttert werden. Und schön wäre natürlich auch, wenn die Handlungen nicht mehr statisch, sondern interaktiv programmiert werden könnten. Dann könnte man auch noch mal auf eine ganz andere Art die Inhalte transportieren. Es wäre natürlich toll, wenn man einen Kooperationspartner findet, der auch Lust hat, das Thema unter die Leute zu bringen und weiterzuforschen, wie man eine Story darstellen kann. Damit man mal eben fix vor der Oper eine Handlung durchscrollt und dann einfach weiß worum es geht, sodass man sich voll und ganz auf die Inszenierung einlassen kann.
Das Interview führten Manuela da Silva Araújo und Erika Walter.
Die Interviews mit den Nominierten und die Videos sind im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars an der Universität zu Köln entstanden.
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