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Wie leben Menschen mit Down-Syndrom?

Dr. John Langdon Down; Screenshot: Touchdown 21 / Zeichnung: Leonie Schilling

Auf der Webseite TOUCHDOWN 21, werden Informationen über das Leben mit Trisomie 21 gesammelt und Texte veröffentlicht, die von Menschen mit Down-Syndrom geschrieben wurden. Die Website zum Forschungsprojekt ist in der Kategorie Wissen und Bildung für den Grimme Online Award 2016 nominiert. Julia Bertmann, eine Frau mit Down-Syndrom, ist Mitglied im Beirat des Projekts. Sie schreibt über ihre Mitarbeit: „Wie wir Menschen mit Down-Syndrom leben, denken, fühlen und arbeiten, kann ich in der Forschungs-Gruppe mit erforschen. Ich bin eine von denen, über die geforscht wird.“ Das folgende Interview wurde mit Dr. Katja de Bragança, Leiterin des Forschungsprojekts, sowie mit Anne Leichtfuß, Webmasterin von TOUCHDOWN 21, geführt.

Was ist die Intention hinter der Namensgebung TOUCHDOWN 21?

Leichtfuß: Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen mit Down-Syndrom wurde nach einem positiven Wort mit der Verknüpfung „down“ gesucht. Die „21“ steht für das 21. Chromosom, das bei den Kolleginnen und Kollegen drei Mal vorhanden ist.
De Bragança: Es ist zudem ein griffiger Titel. Touchdown verbindet jeder mit Sportlichkeit und mit Erfolg. Man hat gewonnen und etwas Tolles erschaffen. TOUCHDOWN 21 gab es in dieser Kombination noch nicht und wir prägen den Begriff durch unsere Seite und unser Projekt.

Mitglieder der Redaktion Ohrenkuss bei einem Workshop zum Thema Chromosomen; Foto: Sandra Stein

Mitglieder der Redaktion Ohrenkuss bei einem Workshop zum Thema Chromosomen; Foto: Sandra Stein

Wie ist das Projekt TOUCHDOWN 21 entstanden?

De Bragança: Ich habe vor zwanzig Jahren ein Forschungsprojekt über Menschen mit Down-Syndrom geleitet. Aus den Ergebnissen des Projekts entstand das Magazin „Ohrenkuss„, das es heute noch gibt. Das Magazin wird von Menschen mit Down-Syndrom gemacht. Gute fünfzehn Jahre später hatte ich das Bedürfnis, weiter zu forschen. Daraus entstand das Projekt TOUCHDOWN 21.

Was möchten Sie mit dem Projekt bewirken?

De Bragança: Wir wollten eine Konstruktion entwickeln, wo Menschen mit Down-Syndrom selber für sich sprechen können. Ein Portal, auf dem alle Informationen in einer positiven und realistischen Art bereitgestellt werden: attraktiv und barrierefrei. Wir haben uns dafür entschieden, die Seite absolut verständlich zu machen. Ich als Biologin, als Naturwissenschaftlerin, bin der Meinung, dass man alles verständlich erklären kann.

An wen richtet sich die Website TOUCHDOWN 21?

Leichtfuß: Alle Inhalte auf der Website sind komplett in klarer Sprache geschrieben. Wir wollten, dass die Inhalte und auch die Struktur der Seite für möglichst viele Menschen verständlich sind. Die Zielgruppe ist sehr gemischt. Es gibt Menschen mit Down-Syndrom, die nachgucken möchten „Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich zu Hause ausziehe?“, aber auch Menschen, die einfach mehr über Trisomie 21 wissen möchten und Texte lesen wollen, die von Menschen mit Down-Syndrom selbst geschrieben sind.

Wie läuft die redaktionelle Arbeit ab?

Leichtfuß: Es gibt zwei unterschiedliche Vorgehensweisen: Zum einen gibt es den Bereich „Mein Alltag“. Die Struktur der Seite haben wir mit erwachsenen Menschen mit Down-Syndrom besprochen. Sie sollten entscheiden, welche Texte dort hingehören und welche Themen ihnen wichtig sind. So entstehen Text-Collagen die zusammengestellt werden und den Blickwinkel vieler Personen mit Down-Syndrom abbilden. Außerdem gibt es Workshops, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Menschen mit Down-Syndrom zu einem bestimmten Thema arbeiten. Gemeinsam schreiben sie Texte, die anschließend zusammengestellt werden.

Warum haben Sie sich für das Medium Internet entschieden?

Leichtfuß: Über das Medium Internet erreichen wir eine sehr große Gruppe an Menschen. Es gibt weltweit bisher noch kein Portal, das einen aktuellen Kenntnisstand zum Thema Down-Syndrom zusammenträgt. Die Informationen auf unserer Seite sind korrekt und können in jeder Form weiterverwendet werden.

Was bedeutet Ihnen die Nominierung für den Grimme Online Award?

Bei der Nominierung für den Grimme Online Award 2016: Projektleitung Dr. Katja de Bragança, Beirats-Mitglied Prof. Dr. Dr. Heinz Schott, Beirats-Mitglied Julia Bertmann und Webmasterin Anne Leichtfuß (v.l.n.r.). Foto: Grimme-Institut / Rainer Keuenhof

Bei der Nominierung für den Grimme Online Award 2016: Projektleitung Dr. Katja de Bragança, Beirats-Mitglied Prof. Dr. Dr. Heinz Schott, Beirats-Mitglied Julia Bertmann und Webmasterin Anne Leichtfuß (v.l.n.r.). Foto: Grimme-Institut / Rainer Keuenhof

De Bragança: Wir fühlen uns erkannt, gesehen und wertgeschätzt. Die wahnsinnige Arbeit und Mühe – das ist das Ergebnis von Jahren. Wir haben die Seite vergangenen September freigeschaltet und sind jetzt dabei, sie weiter aufzubauen. Ich bin sehr bewegt und begeistert und freue mich auch darauf, wie die Reaktionen sein werden. Viele Menschen werden neugierig sein. Man erreicht Menschen aus anderen Bereichen, die sich das angucken und interessant finden. Dafür machen wir diese Webseite.
Leichtfuß: Und was ich noch toll finde ist, dass die Texte der Kolleginnen und Kollegen mit Down-Syndrom gelesen werden. Sie alle sind begeisterte Schreiberinnen und Schreiber, hatten aber oft nicht im Blick, wer sich überhaupt dafür interessiert. Das hat sich erst während der letzten Jahre verändert. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen wissen nun: „Ich habe eine Stimme, die gehört wird und ich kann über meine eigenen Inhalte sprechen, die mir wichtig sind.“ Deshalb freue ich mich ganz besonders über die Nominierung, da es dazu führt, dass diese Stimme noch in größerem Maß gehört werden wird.

Autorin: Christin Schleheck

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Die Interviews mit den Nominierten und die Videos sind im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars an der Universität zu Köln entstanden.

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