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Informativ, liebevoll, mutig: „Make Love“

Screenshot „Make Love“

Liebe machen kann man lernen. Der Mitteldeutsche Rundfunk und der Südwestrundfunk nehmen sich eines wichtigen Themas an und betreten mit ihrem Webspecial „Make Love“ Neuland. Die Nutzer erhalten, begleitend zur Fernsehdokumentation, viel zusätzliches Material und können sich, thematisch gebündelt, den ganz alltäglichen Fragen und Problemen von Liebe, Sexualität und Beziehungen widmen. Der Redaktionsleiter, Georg Maas, berichtet, welchen Schwierigkeiten dabei zu überwinden waren.

Sind Sie von der Nominierung überrascht worden, oder haben Sie ihr Angebot selbst vorgeschlagen?

Wir haben „Make Love“ vorgeschlagen, weil das Projekt in dieser Form im Internet einmalig ist. Die Freude über die Nominierung war natürlich dennoch sehr groß. Denn sie bedeutet eine Auszeichnung und Bestätigung unserer Arbeit. Wenn man sich einem öffentlich normalerweise „unsichtbaren“ Thema wie diesem nähert, polarisiert das natürlich ganz automatisch. Es gibt dann sofort Leute, die sagen: „Der MDR macht Porno“ – und was wir sonst noch im Vorfeld zu lesen bekamen. Als das Angebot dann allerdings online ging, war der Tenor vielmehr anerkennend. Wenn das dann noch unterstützt wird durch eine Nominierung für den „Grimme Online Award“, der branchenübergreifend für Qualität im Netz steht, dann ist das eine weitere Bestätigung für uns, dass alles gut und richtig war.

Wie ist Ihr Angebot entstanden?

Die Idee hatte unser Unterhaltungschef Pete Dreckmann zusammen mit der Filmproduktion „Gebrüder Beetz“ aus Berlin. Als das Projekt konkreter wurde, haben wir Partner gesucht. Der SWR war sofort mit im Boot. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie wir das Thema online am besten umsetzen können. Wichtig war uns, ein eigenständiges Onlineangebot zur „Make Love“-Fernsehproduktion zu schaffen. Während die TV-Doku der linearen Erzählweise eines Fernsehformates entspricht, bricht make-love.de diese auf und erzählt thematisch. Durch die Wahl einzelner Themencluster, wie zum Beispiel Körper, Verhütung oder Dysfunktion, baut sich die Webseite immer wieder neu auf und zeigt speziell produzierte Videoclips, Sequenzen aus dem TV-Format, Erklärstücke oder Infografiken. So haben wir die Grundidee – zu erklären, was Sexualität für Erwachsene eigentlich ist – als individualisierbares Onlineangebot adaptiert. Das ist, glaube ich, sehr gut gelungen. Zur Erklärung muss man vielleicht sagen, dass die Videos in der Regel eine Jugendschutzbeschränkung haben. Das heißt, wir dürfen sie nur zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr im Netz einsetzen. Das war für uns eine ganz neue Erfahrung: Wir gehen immer noch mit den Jugendmedienschutzbestimmungen um, die fürs Fernsehen gelten.

Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus und wer ist daran beteiligt?

Wir hatten zum Startzeitpunkt ein Basisangebot. Ab 22 Uhr wurde dann immer die komplette Seite freigeschaltet. Thematisch wurde „Make Love“ von Folge zu Folge erweitert. Im Grunde gab es eine zweigeteilte Redaktion, die sich um die Bereitstellung der Inhalte sowie die Abnahme gekümmert hat – einen Bereich in Berlin bei Gebr. Beetz und einen beim MDR in Leipzig. Mit dem Jugendmedienschutz haben wir uns, sowohl beim MDR als auch beim SWR, fast täglich auseinander gesetzt. Da ging es dann immer um einzelne Szenen, das war schon sehr aufreibend. Dazu kam natürlich ein hohes Social Media-Aufkommen, weil das Thema ja auch eines ist, über das man reden will – und soll. Bei den Fernsehkollegen ist so etwas immer relativ zügig ad acta gelegt. Alles dreht sich um den Sendetermin, zu dem bereits alles fertig produziert ist. Wir hingegen hatten davor, währenddessen und im Nachgang viel zu tun. Im Moment haben wir eher einen archivarischen Zustand mit nur kleinen Änderungen. Im Herbst beginnt die zweite Staffel und dann geht es weiter. Ich bin sehr froh darüber, dass wir in die zweite Runde gehen, denn es gibt noch irrsinnig viele andere Aspekte, die man beleuchten kann.

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Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass wir anhand dieses Projektes das Thema Jugendmedienschutz im Netz grundsätzlich diskutieren. Außerdem wünsche ich mir mehr Mut. Sie können ja mit entsprechenden Darstellungen auch immer mal daneben liegen. Für mich war das immer auch Bildungsarbeit, dafür bin ich zwar zu Anfang durchaus auch belächelt worden. Aber dann haben viele verstanden, dass es bei unserem Angebot tatsächlich um Bildung und Aufklärung geht. Diese Balance zu wahren und nicht abzugleiten, war sehr wichtig. Es gibt natürlich Unmengen an „Sexangeboten“ im Netz, die kennen wir alle. Aber eine Herangehensweise, wie es uns bei „Make Love“ gelungen ist, findet man kaum. Die BBC hat so etwas, glaube ich, mal gemacht. Im deutschsprachigen Raum haben wir nichts annähernd Ähnliches gefunden. Das ist sehr schade. Ich bin in vielen Diskussionen und den verschiedenen Gremien – auch in der ARD – auf viel Neugier gestoßen. Da kamen Fragen auf, wie: „Wie habt ihr das umgesetzt? Wie kommt man überhaupt darauf, so etwas zu machen?“. Was aber immer anklang, war eine Anerkennung für den Mut, der dahinter steckt. Und den wünsche ich mir mehr in allen Bereichen.

2 Kommentare
  1. Blüti sagte:

    Zwei Sendungen habe ich eher zufällig auf 1festival gesehen. Entäuschend langweilig, sehr in die Länge gedehnte „Beratungsgespräche“ und leider banale Empfehlungen. Wegen der matschigen Qualität der Sendungen nehme ich an, dass der Sender heute mit Handys dreht? Habe einen super Fernseher, aber der zeigte hier nur unscharfe Bilder.

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  2. Raphael sagte:

    Gestern habe ich zum zweiten mal eine Sendung von ‚Make Love‘ gesehen und ich würde das Resumee ziehen: viel Lärm (und Produktionsaufwand) für nichts und wieder nichts! Man kann ja meinen, es wäre wichtig, heutzutage noch Aufklärungssendungen in so einer Machart zu produzieren … aber wer meint, das wäre für die Mehrheit der Menschen hierzulande informativ, unterliegt einem mächtigen Irrtum.

    Kindische Unterhaltungen (warum lacht Frau Henning eigentlich während der Gespräche immer so verlegen?) und absurde Schlußfolgerungen (Männer wären fast ständig im Bewußtsein um ihren Schambereich, insofern sie von frühester Kindheit an Penisvergleiche ziehen und sich in Spielen wie ‚Weitwichsen‘ üben würden) gehen einher mit der Zelebrierung banalster Informationen (zur Konstitution der Vagina, den sensiblen Erregungszonen bei Mann und Frau, der Rolle von Beckenbodenübungen usw.).

    Obendrauf kommt dann natürlich noch ein amerikanischer Paartherapeut und ‚Experte‘ (ist auch klar: nirgendwo sonst auf der Welt wird seichtes Halbwissen mit Hilfe mechanistischer Metaphern von eitlen Dummköpfen in so einer selbstverliebten und anmassenden Art verbreitet, wie in den USA) zu Wort und formuliert die tiefschürfende Weisheit: nur wer sich selbst zu lieben gelernt hat, kann jemand anderen lieben … auch oder gerade weil dieser gute Mann ein einfältiger Dummkopf ist, bleibt es dabei: diese Erkenntnis gewinnt jeder vernünftige Mensch während seiner Pubertät in der Auseinandersetzung mit sich selbst!

    Anstatt daraus dann eine Konsequenz zu ziehen und der dicken Frau offen zu sagen, daß ihre Unlust auf Sex mit ihren Minderwertigkeitskomplexen zu tun hat, wagt Frau Henning freilich nicht. So vergibt die Sendung die allerletzte Chance auf irgendeinen Beitrag, der zumal in einem offenen Wort hätte bestehen können.

    Daß so eine Sendung für den Grimme-Preis nominiert ist, zeigt wiederum die selbstgefällige Spießigkeit von Medienmanagern, die eine Leistung darin erkennen, daß man heutzutage banal und kindisch über Sex redet … bravo!

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