Der Nahe Osten: berichten, was sonst zu kurz kommt
Gut vernetzt und aus vielfältigen Perspektiven: „Alsharq“ bietet jungen Journalisten und Wissenschaftlern eine Plattform für ihre Expertisen und eine unabhängige Berichterstattung rund um das politische und gesellschaftliche Geschehen im Nahen und Mittleren Osten. Unterschiedliche, teilweise vor Ort lebende Autoren beleuchten Entwicklungen, Konflikte und Kultur im und die internationalen Beziehungen zum arabischen Raum. Warum gerade diese Region, warum ein Blog, das beantwortet uns heute Alsharq-Mitbegründer Christoph Sydow:
Was war der Anlass für die Konzeption Ihres Angebots?
Es war im Sommer 2005, ich studierte gerade im zweiten Jahr Islamwissenschaft und Geschichte an der Freien Universität Berlin, als mir die Idee für das Alsharq-Blog kam. Parallel war ich nämlich auf das Phänomen (Fach-)Blogs aufmerksam geworden, die sich damals wie heute stetig wachsender Popularität erfreuen. Dabei fiel mir jedoch auf, dass im deutschprachigen Raum leider kaum Blogs zum Nahen Osten existierten, die ausführlich über die Ereignisse und Entwicklungen in dieser Region berichteten. Auch aus der Überzeugung heraus, dass Nah-Ost-Nachrichten in deutschen Medien häufig verkürzt, beziehungsweise aus einer eurozentristischen Perspektive vermittelt werden, gründeten Robert Chatterjee, Christoph Dinkelaker und ich die unabhängige Plattform Alsharq. Seit dem Startschuss im August 2005 sind nun fast acht Jahre vergangen und wir sind im Laufe der Zeit gewachsen. Der Kern derjenigen, mit denen ich das Projekt gestartet habe, hat wie ich bereits das Studium abgeschlossen. Inzwischen sind jedoch weitere Autoren, hauptsächlich Islamwissenschaftler, aber auch Politikwissenschaftlicher mit dem Schwerpunkt Naher Osten, zu uns gestoßen. Davon sind vier bis fünf fast permanent im Ausland unterwegs oder wohnhaft und berichten vor Ort. Allgemein verfügen wir inzwischen über ein weit verzweigtes Netzwerk an Kontakten in der Region und können so Meinungen, Stimmungen und Hintergründe einzufangen. Auch ich selbst war und bin studien- sowie berufsbedingt oft lange Zeit im Ausland unterwegs, etwa in Kairo, Beirut oder im Libanon. Das Blogformat schien mir für eine abwechslungsreiche Berichterstattung zu diesem Thema zudem bestens geeignet: leichte Bedienbarkeit, vielfältige Darstellungsmöglichkeiten von Analysen, Interviews, Karten, Widgets und die persönliche, einzigartige, erlebnisnahe Perspektive.
Was und welche Zielgruppen wollen Sie mit Ihrem Angebot erreichen?
Unser Zielpublikum umfasst interessierte Laien, die sich über die Region Naher Osten, Arabische Halbinsel, Nordafrika, Iran, Türkei usw. informieren wollen. Erst recht seit den Nachrichten über die Zusammenstöße und Proteste während des „Arabischen Frühlings“ in den letzten Jahren, d.h. in Tunesien, Libyen, Ägypten, Syrien und zuletzt der Türkei, wollen viele Menschen mehr erfahren als die Standardmeldungen. Wir bieten deshalb Hintergrundinformationen sowie Analysen und Fachartikel, die sich auch an ein Fachpublikum richten. Aus der „Elfenbeinturm“-Perspektive zu bloggen, liegt uns jedoch fern.
Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Nominierung erfuhren?
Da sich an unserem Projekt mehrere, weltweit verstreute Leute beteiligen, erreichte der erste Anruf des Grimme-Instituts einen Kollegen in Kolumbien. Als ich zurückrief und die tolle Nachricht von der Nominierung erfuhr, war ich völlig baff und froh. Ich schrieb sofort eine Rundmail an meine Kollegen, die sich allesamt total über die Auszeichnung ihrer Arbeit freuten. Natürlich hatten wir in den letzten Jahren immer wieder das Medienecho zum Grimme Online Award mitbekommen. Es wurde und wird viel berichtet und darüber gesprochen, schließlich gilt er als einer der renommiertesten online-publizistischen Preise, die man in Deutschland gewinnen kann. Insofern freut es uns besonders, dass wir mit unserem Online-Angebot mit ins Rennen gehen.
Was bedeutet die Nominierung für die zukünftige Entwicklung Ihres Angebots?
Die Nominierung an sich hat weniger direkte Auswirkungen auf unsere Arbeit beziehungsweise die weitere Entwicklung unseres Angebots. Nichtsdestotrotz ist es unbestreitbar, dass sich dadurch die Aufmerksamkeit der Medien für uns gesteigert hat. Höhere Zugriffszahlen haben wir in den letzten Wochen ebenso festgestellt. Das freut uns sehr, denn eine regelmäßigere, noch größere Leserschaft zu gewinnen, ist einer unserer Wünsche für die Zukunft. Deswegen ist es unser oberstes Anliegen, auch weiterhin spannende, interessante Beiträge zu liefern. Alsharq soll daher u.a. durch den Gewinn neuer, konstant beitragender Autoren weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Selbst aus dem Ausland erreichten uns nach der Nominierung Glückwünsche. Schon zuvor erhielten wir für unsere Berichterstattung dort positive Rückmeldungen. So teilten uns Menschen z.B. auf sozialen Netzwerken ihre Freude darüber mit, dass wir über ihr Land und Schicksal berichten. Es setzte sogar schon eine kleine Rückkoppelung in dem Sinne ein, dass wir z.T. eigene originalsprachige Beiträge aus dem Ausland, etwas aus Syrien, angeboten bekommen haben.
Wie spannend der Nahe Osten sein kann, gerade wenn man sich hinter die Kulissen der üblichen Berichterstattung begibt, erläutert Christoph Sydow hier:
Weitere Statements der anderen Nominierten finden Sie hier
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