„Die größte Herausforderung lag (…) im Zugang zu verlässlichen Daten.“

Ein Interview mit Miro Dittrich über das nominierte Projekt „Rechtsterrorismus seit dem NSU“

Das Berliner Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) erfasst in einer umfangreichen Datenbank systematisch rechtsterroristische Fälle in Deutschland seit der Selbstenttarnung des NSU in 2011. Im Datenprojekt „Rechtsterrorismus seit dem NSU“ werden die Fälle interaktiv und faktenreich aufbereitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ergänzt durch Analysen und Handlungsempfehlungen. Die Daten werden fortlaufend aktualisiert. Drei Fragen des GOA-Blogs an den Projektleiter und Senior Researcher beim CeMAS, Miro Dittrich. 

Screenshot der Website zum Projekt

Screenshot der Website zum Projekt „Rechtsterrorismus seit dem NSU“

Wie ist die Idee zu Ihrem Angebot entstanden? Gab es einen konkreten Anlass?

Die Idee zu unserem Angebot entstand aus dem Bestreben, die rechtsterroristischen Aktivitäten der Jahre seit dem NSU gründlich zu analysieren. Bei unseren Recherchen stellten wir fest, dass es keine umfassende Datenbank gab, die die deutschen Fälle systematisch erfasste. Diese Lücke in der Dokumentation war für uns der konkrete Anlass, selbst aktiv zu werden. Wir entschieden uns, eine eigene Datenbank zu erstellen und sie so zu gestalten, dass sie möglichst vielen Menschen einfach zugänglich ist.

Unser Ziel war es, ein wichtiges Werkzeug für die Forschung und öffentliche Aufmerksamkeit zu diesem bedeutenden Thema zu schaffen.

Was war der größte Erfolgsmoment in der Arbeit, was die größte Herausforderung?

Der größte Erfolgsmoment in unserer Arbeit war zweifellos, als wir es schafften, all unsere internen Tabellen, die die Grundlage für unsere 37 grafischen Auswertungen bilden, automatisch aus einer großen Mastertabelle zu befüllen. So konnten wir zukünftige Updates ohne großen Zeitaufwand eintragen und unsere Grafiken schnell aktualisieren.

Die größte Herausforderung lag eindeutig im Zugang zu verlässlichen Daten. Bestehende Datenbanken erwiesen sich als unvollständig oder deckten nicht den gesamten Zeitraum ab, den wir untersuchen wollten. Selbst Anfragen an offizielle Stellen wie Generalstaatsanwaltschaften führten nicht zu den relevanten Daten.

Wir mussten uns hauptsächlich auf journalistische Beiträge stützen, wobei insbesondere der Lokaljournalismus eine essentielle Hilfe bei unserer Arbeit war. Besonders erschreckend und herausfordernd war die Art und Weise, wie das Thema Rechtsterrorismus vor allem vor 2015 behandelt wurde. Für diesen Zeitraum war es außerordentlich schwierig, an aussagekräftige Quellen zu gelangen. Viele der Fälle, die wir als Verdachtsfälle führen, sind auch deshalb in dieser Kategorie, weil Ermittlungen und Gerichtsprozesse oft mangelhaft geführt wurden. Dies erschwert eine endgültige Kategorisierung erheblich.

Welche Resonanz gab es auf Ihr Angebot und wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?

Die Resonanz auf unser Angebot war überwiegend positiv. Insbesondere andere Forschende und Journalist:innen, die zu diesem Thema arbeiten, sehen unsere Datenbank als große Hilfe für ihre eigene Arbeit.

Für die Zukunft haben wir uns vorgenommen, die Datenbank kontinuierlich zu aktualisieren und zu erweitern. Wir werden weiterhin nach alten, bisher nicht erfassten Fällen suchen – dabei sind wir immer dankbar für Hinweise aus der Öffentlichkeit. Darüber hinaus planen wir, noch tiefer in einzelne Fallanalysen einzusteigen, um ein noch detaillierteres Bild des Rechtsterrorismus in Deutschland zu zeichnen.

Vielen Dank für das Interview!

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