Sollen wir dann abstimmen?
Ein Rückblick auf die Sitzung der Nominierungskommission
Am Ende jeder Diskussion stand immer die Frage: Sollen wir dann abstimmen? Aus knapp 70 Angeboten hat die Nominierungskommission, mal nach kurzer, mal nach längerer Diskussion 27 ausgewählt und für den Grimme Online Award 2024 nominiert. Welche Webangebote das im Einzelnen sind, wird hier noch nicht, sondern erst am 3. September bekannt gegeben.
Diskutieren und bewerten
Podcasts, Websites, TikTok- und Instagram-Kanäle zu den unterschiedlichsten Themen – von der Politik bis zum Klimawandel, von der Naturvielfalt bis hin zu Diversitäten der Gesellschaft – galt es in der entscheidenden, auf zwei Tage anberaumten Sitzung der Nominierungskommission am 22. und 23. August zu diskutieren und zu bewerten. Aber warum nur knapp 70 Angebote? Ist die Liste der vorgeschlagenen Angebote auf grimme-online-award.de nicht deutlich länger? Richtig! Aber schon vor der Sitzung hatten die sieben Mitglieder bereits die eingereichten Angebote gesichtet, um anschließend per Punkteverteilung ihre Favoriten herauszufiltern. Es gab dabei etliche Übereinstimmungen in der Bewertung – aber auch viele Unterschiede, die dann oft zu spannenden, gelegentlich auch zu kontroversen Diskussionen führten.
„Wir haben intensiv und zielgerichtet diskutiert, sodass wir meist schnell auf einen Nenner gekommen sind. Unser Austausch in der Sitzung war herausfordernd, aber auch unglaublich spannend. Persönlich waren wir voller Energie und Inspiration, die hohe Qualität der Beiträge zu würdigen“, meint dazu das Kommissionsmitglied Sascha Devigne, Chefredakteur von STUDIO 47 in Duisburg. Keywan Tonekaboni, Technikjournalist und Redakteur bei der Computerzeitschrift c’t, findet es „interessant, zu erleben, wie die anderen NomKom-Mitglieder auf die Einreichungen reagieren und durch ihre persönliche Erfahrung einen ganz neuen Blick erlauben. Durch die Diskussion konnte auch ich selbst viel lernen.“
Karin Boczek, Juniorprofessorin für Digitalen Journalismus, hat bereits 2023 in der Nominierungskommission mitgewirkt. Sie merkt an, dass die „Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen intensiv (…) und teilweise auch sehr kontrovers“ waren und führt weiter aus: „In der Nominierungskommission bekommen wir in kürzester Zeit einen Überblick über die Qualität in der deutscher Online-Landschaft. Was sind Trends bei Websites, Podcast und Social Videos? Was sind die großen Recherchethemen und Leistungen in den Umsetzungen? Diese Gesamtschau über das Feld hat mir auch dieses Jahr wieder besonders viel Freude gemacht.“
Neben Argumenten und Gegenargumenten rund um einzelne Angebote ging es in der Kommissionssitzung auch um grundsätzliche Fragen: So wurde z.B. über die Webspezifika verschiedener Podcasts, aber auch über die Problematiken von Social-Media-Plattformen, Stichwort Algorithmen, gesprochen: „Auch weil wir uns hier und da auch erlaubt haben, Grundsatzdiskussionen zu führen, ab wann ein Podcast mehr ist als ein Radiobeitrag oder wie wir trotz toller Inhalte mit problematischen Plattformen wie Instagram oder TikTok umgehen.“ (Keywan Tonekaboni)
Alte Hasen und Debütanten
„Die Grimme Online Award Sitzung in der letzten Woche hat mich erneut beeindruckt. Besonders bereichernd war der intensive Austausch mit den anderen Nomkom-Mitgliedern, deren fachliche Perspektiven es mir ermöglicht haben, meine eigenen Standpunkte zu erweitern und zu verfeinern. Meine Rolle als ‘alter Hase’, der seit 2007 dabei ist, sehe ich als wertvolle Brücke zwischen Tradition und Innovation“, erklärt Prof. Michael Schwertel, der an der CBS International Business School im Fachbereich Media Management und Digital Marketing lehrt.
Auch Brigitte Baetz ist schon viele Jahre dabei, seit 2012 war sie mehrmals in Kommission oder Jury des GOA vertreten – und gesteht: „Ich (…) muss sagen: Es ist jedes Mal ein Fest! Und so war es auch dieses Jahr: tolle Einreichungen und Diskussionen. Auf viele Seiten und Projekten wäre ich nicht gestoßen, gäbe es den Grimme Online Award nicht.“ Offenbar lernt man nie aus, gerade wenn man von der Jury in die Nominierungskommission wechselt oder umgekehrt. Während die Kommission sich mit einer dreistelligen Anzahl an Angeboten auseinandersetzen muss, um schließlich 27 Nominierungen zu bestimmen (s.o), umfasst die Arbeit der Jury die gründliche Beschäftigung mit diesen Angeboten und die Preisfindung. (Nicht zu vergessen: Letztere darf auch noch zwei Nachnominierungen vornehmen!)
Johanna Bernklau sagt dazu: „Es waren [in der Nominierungskommission; die Red.] zwei Tage voller Diskussionen um die besten Online-Angebote aus den letzten Jahr – hat Spaß gemacht! 2022 und 2023 habe ich bereits in der Jury des GOA mitgewirkt – die Arbeit in der Nominierungskommission war nun noch einmal ein wenig anders. Hier habe ich mich mit deutlich mehr Angeboten auseinandersetzen müssen – aber auch mit ganz anderen, bei denen eben noch nicht diverse Fachleute drübergeschaut haben.“ In diesem Jahr neu dabei war, neben den oben erwähnten Sascha Devigne und Keywan Tonekaboni, noch Christoph Brosius, Mitgründer der Game-Thinking-Agentur Die Hobrechts und Geschäftsführer des E-Mental-Health-Entwicklers Circumradius.
Er fühlte sich „auch als Neuling in der Nominierungskommission (…) gut abgeholt, umsorgt und wertgeschätzt“ und lobte: „Der GOA gibt sich große Mühe und investiert viel Energie, damit fair, transparent und effizient an zwei Tagen das ganze Internet durchkämmt werden kann. Oder zumindest der Teil davon, der auch eingereicht wurde.“ Um dies zu erreichen, beruft das Grimme-Institut jedes Jahr Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen in die Gremien, damit die verschiedenen Bewertungskriterien angemessen und qualifiziert abgedeckt werden: Inhalt, Gestaltung, webspezifische Möglichkeiten der Interaktion und Kommunikation, Nutzerfreundlichkeit, Vernetzung, Innovation, Technik und Service (s. das Statut zum Grimme Online Award).
Über die Qualität der Angebote
Die Vorarbeiten der Nominierungskommission, das Lesen, Hören und Bewerten der Angebote, fanden, anders als in den Vorjahren, mitten im Sommer, mitten in der Ferienzeit statt – und einiges musste in der Ferne erledigt werden. Das habe aber die Qualität der Arbeit nicht geschadet, meint Prof. Michael Schwertel: „Jedes Jahr schätze ich es aufs Neue, wie das Grimme-Institut uns einen neutralen Boden bietet, um die besten Webangebote objektiv auszuwählen. Die Sichtung der diesjährigen Beiträge hat mir einen umfassenden Überblick über die Weblandschaft 2024 verschafft und mir geholfen, wertvolle zusätzliche Aspekte zu entdecken. Es war eine positive Herausforderung, aus der Fülle der Themen die besten Internetperlen herauszufiltern, was auch den vorhergehenden sommerlichen Sichtungen – zum Teil mit Kopfhörern am Strand – geschuldet ist. Ich freue mich, dass wir in den zwei intensiven Tagen eine wirklich gelungene Auswahl treffen konnten.“
Ein schönes Schlusswort!
Uns bleibt, noch einmal einen großen Dank an die Mitglieder der Nominierungskommission auszusprechen!
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Meine Web-Site wurde nicht nominiert, aber Danke daß ich dabei sein durfte! Es heißt, dem Statut zu entsprechen sei kein Qualitätsmerkmal. Für mich ist es doch eins: Der Betrachtung durch eine Jury von Profis wert zu sein. Für einen Einzelkämpfer-Blogger, der im Kultur- und Bildungsbereich eigene Wege geht, ist das schon was!
Es war mir eigentlich klar, daß so ein „kleiner“ Blogger mit schlichtem Web-Auftritt im Bildungsbereich kein Chance hat. Dennoch habe ich gegen meine Realismus ein wenig gefiebert, ich gebs zu.
Es hat Spaß gemacht, mitzumachen!
Danke nochmal!
PS.:Die Liste der Vorschläge ist für mich eine Fundgrube! Ich wußte gar nicht, wieviel tolle Sachen es gibt!
Ich kann mir vorstellen, wie schwer es gewesen sein muß, 28 daraus auszuwählen!