Fazit: Die Faktenchecks in Deutschland
Die bekannten Faktenchecks der einzelnen Redaktionen, die vornehmlich Behauptungen aus sozialen Netzwerken aufgreifen und untersuchen, sind insgesamt sehr informativ und gründlich recherchiert, fragen bei Fachleuten und Institutionen, teilweise auch bei den Verursachern einer vermeintlichen Falschmeldung oder -einschätzung nach. Einseitigkeiten werden vermieden, wie die Beispiele zum Ukraine-Krieg zeigen.
Wer es kurz und sachlich haben möchte, kann den dpa-Faktencheck nutzen, wer es eher bunt und zugespitzt, gelegentlich auch provokativ mag, den inhaltlich guten Volksverpetzer. Die weiteren fünf Faktenchecker – der „faktenfinder“ der ARD, der #Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks, der CORRECTIV.Faktencheck, der AFP-Faktencheck und der Faktencheck der Deutschen Welle – sind ebenso sachlich gehalten wie der dpa-Faktencheck, allerdings zumeist deutlich ausführlicher. Hier werden oft auch Sachverhalte näher erklärt, die das Für und Wider einzelner Behauptungen thematisch in einen größeren Zusammenhang setzen.
Im untersuchten Zeitraum (Mitte Oktober 2021 bis Mitte Oktober 2022) finden sich Übereinstimmungen in der Auswahl der Themen: Zunächst erschienen die meisten Faktenchecks zum Thema „Corona-Pandemie“, ab Ende Februar 2023 folgten zahlreiche Checks zum Ukraine-Krieg. Das kann verschiedene Ursachen haben: So hat sich bereits im ersten Jahr der Corona-Pandemie gezeigt, dass bei vielen „Querdenkern“ und politisch rechts stehenden Personen eine grundsätzliche Ablehnung der Regierung und der so genannten Mainstream-Medien, allen voran der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender, aber auch der Redaktionen von Faktencheckern wie Correctiv oder Volksverpetzer vorhanden ist. Daher verwundert es auch nicht, dass nach der deutlichen Positionierung von Regierung und der überwiegende Teil der Medien gegen den russischen Angriffskrieg viele Coronaleugner*innen einen pro-russischen oder zumindest einen ablehnenden Kurs gegen eine militärische Unterstützung des Westens in Form von Waffenlieferungen an die Ukraine einnahmen. Zum anderen musste zudem ggf. ein neues Thema her, da die Zahl der Demonstrant*innen gegen die Coronapolitik der Regierung deutlich abnahm. (Siehe dazu beispielsweise: Samira El Ouassil: Querdenken im Ukrainekrieg: Die Egozentrik der Verschwörungserzählungen, vom 18.03.2022, online auf den Seiten von Spiegel online; Alexander Laboda: Interview: „Querdenker“, Verschwörungsideologen und der Krieg: „Ein Nährboden für faschistische Agitation“, vom 23.03.2022, online auf den Seiten des MDR.
Beim Corona-Thema standen v.a. Behauptungen zu den Impfungen im Vordergrund, beim Ukraine-Krieg waren es zumeist einzelne Kriegsereignisse, zu denen die Redaktionen Foto- und Videomaterial auf ihren Wahrheitsgehalt sichteten.
In Deutschland gibt es sieben thematisch allgemein gehaltene Faktencheck-Institutionen: drei kleinere (ARD-faktenfinder, BR24-#Faktenfuchs und DW-Faktencheck mit wöchentlich ein bis zwei Checks), einen mittelgroßen (AFP-Faktencheck mit knapp 6 Checks pro Woche) und drei größere (CORRECTIV.Faktencheck und dpa-Faktencheck mit ca. 9 bis 13 Faktenchecks wöchentlich) Der Volksverpetzer, den wir nachträglich untersucht haben, hat in den ersten 5 Monaten des Jahres 2023 ca. 2 bis 3 Faktenchecks pro Woche geliefert, dazu zahlreiche Analysen und aktuelle Berichte.
Einige Behauptungen werden von mehreren Faktencheck-Redaktionen bearbeitet, einige Themen wiederholen sich mehrmals, teilweise begründet der eine Faktenchecker seine Erkenntnisse mit dem Check der anderen. Da stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit mehrerer Faktencheck-Institutionen. Vielleicht ist dies auch ein Mitgrund für den Zusammenschluss einzelner Faktencheck-Teams des deutschsprachigen Raums zum „German-Austrian Digital Media Observatory“, kurz GADMO, zum 1. November 2022. Gemeinsam mit Forscher*innen der „Technischen Universität Dortmund“ und des „AIT Austrian Institute Of Technology“ will man gegen Des- und Fehlinformationen (also absichtlich und versehentlich geäußerte falsche Informationen) vorgehen. Zu den Zielen der Kooperation schreibt die TU Dortmund:
„GADMO möchte der Öffentlichkeit künftig Faktenchecks besser zugänglich machen und diese an einem zentralen Ort sammeln. Außerdem will das Team Desinformationskampagnen identifizieren und wissenschaftlich untersuchen. Zu den Projektzielen gehört auch, die Medienkompetenz in Österreich und Deutschland zu fördern und zu überprüfen, ob digitale Plattformen und soziale Netzwerke bereits genug im Kampf gegen Desinformation tun.“
Zu GADMO gehören die Faktencheck-Teams der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der Agence France Press (AFP), der Austria Presse Agentur (APA) und des unabhängigen Recherche-Netzwerks Correctiv. GADMO soll zudem Teil des europaweiten „European Digital Media Observatory“ (EDMO) sein, das eine zentrale Dienstinfrastruktur aufbauen und EU-weit nationale und regionale Forschungszentren für digitale Medien der EDMO einrichten wird.
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