Wie war das damals, 1972 in München?
Welche Jahrestage gab es im vergangenen Jahr? Das ist immer eine Frage, die sich beim Blick auf die Einreichungen zum Grimme Online Award stellt. 2022 jährte sich das Attentat auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1972 zum 50. Mal. Insbesondere in München ist das natürlich ein Thema – und so kommen die eingereichten Angebote zum Grimme Online Award 2023 auch von dort.
Gebloggte Zeitreise
Die Süddeutsche Zeitung zeichnet die gesamten Olympischen Spiele in einem historischen Liveblog nach, es beginnt kurz vor der Eröffnung und erinnert an die großen Momente wie kleine Begebenheiten. Das Blog von Barbara Galaktionow und Lisa Sonnabend beruht auf einer Archivrecherche, Gespräche mit Zeitzeug*innen sorgen dafür, dass auch die Atmosphäre von damals transportiert wird. So lassen sich zunächst die „heiteren Spiele“ nacherleben, bis es dann zum Anschlag auf die israelische Mannschaft im olympischen Dorf kommt.
Erfahrungen eines jungen Polizisten
Der Podcast „Himmelfahrtskommando“ vom Bayerischen Rundfunk beruht auch auf persönlichen Erinnerungen – allerdings nicht an das Heitere oder das Sportliche bei den Spielen. Der Vater der Journalistin Patrizia Schlosser war als junger Polizist bei den Olympischen Spielen 1972 eingesetzt. Spontan wurden er und seine Kameraden abkommandiert, um in Fürstenfeldbruck die Attentäter zu überwältigen und die Geiseln zu befreien. Einmal vor Ort brachen sie die Aktion ab, zogen sich zurück, weil sie es für das titelgebende „Himmelfahrtskommando“ hielten. Die Befreiung der Geiseln endete in der Katastrophe – und Patrizia Schlossers Vater fragt sich bis heute, was passiert wäre, hätten sie nicht abgebrochen. In acht Podcast-Episoden gehen Vater und Tochter gemeinsam auf eine Reise in die Vergangenheit, befragen Zeitzeugen, Experten und reisen bis nach Israel und bis ins Westjordanland.
Geschichte nacherleben
Ebenfalls vom Bayerischen Rundfunk ist der vierteilige Podcast „Die Olympia-Protokolle„. Die Journalistinnen Eva Deinert und Yvonne Maier haben im Münchner Staatsarchiv recherchiert und entdeckten dabei bisher unbeachtete und unbekannte Dokumente, die belegen, dass die Behörden möglicherweise bislang eine Spur übersehen haben. Im Podcast werden die Ereignisse anhand von Ermittlungsprotokollen akribisch rekonstruiert. Spielerischer, aber ähnlich gehaltvoll geht die VR-Experience „München 72“ das Thema an. Auch sie kommt vom BR, von einem großen Team unter der Leitung von Eva Deinert und Matthias Leitner. Im virtuellen Raum im Stil der 1970er Jahre sind Originalaufnahmen der Spiele und der Geiselnahme zu sehen, zu hören und zu erleben. In fünf aufeinander aufbauenden Welten kann man die Ereignisse chronologisch durchlaufen: Von der Ankunft in einer Sportler-Umkleide, über die Aussichtsplattform des Olympiaturms bis in den Olympiapark werden die normalen, „heiteren“ Olympischen Spiele gezeigt. Danach geht es in einen engen Raum und in den Stau auf dem Weg nach Fürstenfeldbruck, wo die dunklen Stunden und Tage rund um das Attentat auf die israelische Mannschaft und den missglückten Befreiungsversuch erzählt werden. Die Experience ist in erster Linie als Bildungsangebot für heutige Jugendliche gedacht, dafür haben die Macher*innen mit den Hinterbliebenen der Opfer zusammengearbeitet. „München 72“ kann mit einer VR-Brille angesehen werden, es geht aber auch auf einem Windows-Computer. Allerdings muss man sich dafür bei zwei Anwendungen anmelden und sie herunterladen. Wem das zu kompliziert ist, der kann bei YouTube auch ein Video aus der virtuellen Welt ansehen.
Weitere Vorschläge
Hat sonst noch jemand was zu den Olympischen Spielen 1972 produziert? Oder zu anderen Sportereignissen? Wo dies alles ist, gibt es bestimmt noch mehr! Weitere Vorschläge zum Grimme Online Award sind noch bis einschließlich 1. März 2023 willkommen. Die Vorschlagsformulare gibt es hier. Und eine Liste der bislang eingereichten Angebote veröffentlichen wir auch.
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