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Nackte Zahlen, Überlebende und Verschwörungsmythen

Collage Screenshots Websites zu Corona Wissenschaftsjournalismus: Lisa Wolf/Grimme-Institut
Collage Screenshots Websites zu Corona Wissenschaftsjournalismus: Lisa Wolf/Grimme-Institut
Collage Screenshots Websites zu Corona Wissenschaftsjournalismus: Lisa Wolf/Grimme-Institut

Fast ein Jahr ist es her, dass wir an dieser Stelle einen Blogartikel zum Thema Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen veröffentlicht und Angebote in den Blick gestellt haben, die sich mit dem Thema beschäftigen. Damals hatten wir alle die Hoffnung, dass sich die Lage in 2021 wieder stabilisiert haben würde. Trotz mittlerweile verschiedener Impfstoffe hält uns die Pandemie allerdings weiterhin in Atem und so ist es kein Wunder, dass Corona sich schwerpunktmäßig im Wettbewerb des Grimme Online Award 2021 findet. Aber, wie und wo informieren wir uns eigentlich mittlerweile über Corona? Welche Hilfe kann hier aus dem Wissenschaftsjournalismus kommen, um die Pandemie, die Gefahren, Verhaltensmaßnahmen und Impfstoffe richtig einschätzen zu können?

Echtzeitdaten

Screenshot "Coronavirus-Monitor" von Berliner Morgenpost
Screenshot „Coronavirus-Monitor“ von Berliner Morgenpost

Man kennt es noch aus den Anfangszeiten der Pandemie: Hektisch hat man immer wieder verschiedene Medien konsultiert, um sich die aktuellen Infektionszahlen zu holen und sich über neue Verordnungen und Co. zu informieren. Inzwischen gibt es verschiedene übersichtliche Datenspecials. Auf einer Weltkarte und in Diagrammen werden auf der Website „Das Virus in Echtzeit“ des Tagesspiegels die Daten zu Infektionszahlen, die Zahlen der Geheilten und der Todesfälle visualisiert, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Außerdem wird ein Blick auf die Veränderungen in der Wirtschaft und an der Börse geworfen.
Die Infektionszahlen des Coronavirus auf einer Karte visualisiert hat auch der „Coronavirus-Monitor“ der Berliner Morgenpost. Vom 27. Januar 2020 bis heute kann man sich die Zu- und Abnahme der Zahlen übersichtlich anschauen. Dabei wird auf Gesamtzahlen, Neuinfektionen und die 7-Tages-Inzidenz geschaut. Diagramme, auch zur Reproduktionszahl und den Todeszahlen sowie eine Visualisierung je Bundesland vervollständigen das Informationsangebot. Ein Impfmonitor gibt einen Überblick darüber, wie lange es noch dauert, bis das Impfziel in Deutschland erreicht wird.

Zahlreiche Zeitungen, Fernseh- und Hörfunksender haben ihre Websites mit Beginn der Pandemie angepasst und Specials zum Coronavirus eingerichtet. Eines davon ist das „ntv coronavirus spezial“ mit vielen Informationen zur aktuellen Viruslage.

Wann sind Sie dran?

Screenshot "Coronavirus-Impfung. Wann sind Sie dran?" von Süddeutsche Zeitung
Screenshot „Coronavirus-Impfung. Wann sind Sie dran?“ von Süddeutsche Zeitung

Denn neben den aktuellen Corona-Zahlen gibt es derzeit eine weitere drängende Frage, die Deutschland beschäftigt. Wann kann ich mich gegen Corona impfen lassen und zu welcher Prioritäten-Gruppe gehöre ich? Der „Corona-Impfrechner“ der Süddeutschen Zeitung versucht mithilfe eines Impfbots Aufschluss zu geben, wann man mit einer Impfung rechnen kann. Dazu beantwortet man Fragen, die auf der Einteilung der Priorisierungsgruppen beruhen und bekommt dann sein Ergebnis direkt auf der Website angezeigt. Auch aktuelle Änderungen in den Gruppen werden miteinbezogen.
Einen ähnlichen Service zum Berechnen von ungefähren Impfterminen bietet der „Corona-Impfterminrechner“ von Omni Calculator.

Screenshot "Corona-Impfungen in Deutschland" von Zeit Online
Screenshot „Corona-Impfungen in Deutschland“ von Zeit Online

Das datenjournalistische Stück „Corona-Impfungen in Deutschland“ der Zeit gibt einen Überblick darüber, wie viele Personen in Deutschland schon die erste oder bereits die zweite Impfung erhalten haben, auch im internationalen Vergleich. Welches Bundesland verimpft am schnellsten? Wie viele Impfdosen welchen Impfmittels sind wo vorhanden? Auch ein Überblick über Impfzentren wird mittels Karte gegeben. Abgerundet wird die Datenanalyse mit einem umfangreichen Überblick über vorhandene und in Tests befindlichen Impfstoffen.

Screenshot "Corona Leichte Sprache" von Anke Leichtfuß
Screenshot „Corona Leichte Sprache“ von Anke Leichtfuß

Damit die Auswirkungen und Informationen zur Corona-Pandemie auch für alle Menschen inklusiv verfügbar sind und verstanden werden können, übersetzt Anne Leichtfuß auf ihrer Seite „Corona leichte Sprache“ diese in leichter Sprache und orientiert sich dabei an aktuellen Informationen. Sie erklärt, was sich hinter einer 7-Tage-Inzidenz versteckt oder wie Masken schützen können.

Was war vor Corona?

Screenshot Podcast "Pandemia" von Viertausendhertz
Screenshot Podcast „Pandemia“ von Viertausendhertz

Auch wenn die Corona-Pandemie für viele Menschen die erste Pandemie ist, die sie als Betroffene miterleben, gab es natürlich auch vor Corona schon andere Krankheitsausbrüche pandemischen Ausmaßes. Der Podcast „Pandemia“ von Viertausendhertz in Kooperation mit den RiffReportern (2018 mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet) beleuchtet in bisher zwei Staffeln das Infektionsgeschehen weltweit und schaut, welche Lehren wir aus bisherigen Pandemien wie Ebola, Cholera, Pocken oder Hepatitis C ziehen können. Dabei kommen neben den Wissenschaftsjournalist*innen verschiedene Fachleute zu Wort.

Überleben mit Spätfolgen

Ebenfalls von den RiffReportern ist die Dialog-Recherche „#50 Survivors“, bei der sie mit 50 Überlebenden des Coronavirus gesprochen haben. Das Projekt gibt den Zahlen Gesichter und Geschichten und lässt die Überlebenden von den Auswirkungen ihrer Erkrankung und auch den Spätfolgen erzählen. Das Besondere daran: die #50Survivors waren per Messenger und Mail mit der Redaktion verbunden und haben sich über einen längeren Zeitraum und in mehreren Nachrichten ausgetauscht. Man erfährt nicht nur etwas zu den körperlichen Auswirkungen, auch die psychischen Folgen einer Coronavirus-Erkrankung kommen zur Sprache.

Streaming in neuer Dimension

Screenshot "Ferngespräch" von WildMics und Tommy Krappweis
Screenshot „Ferngespräch“ von WildMics und Tommy Krappweis

Dienstagabend-Unterhaltung auf Twitch für etwa zwei bis drei Stunden und dabei noch etwas über wissenschaftliche Hintergründe zum Coronavirus, Verschwörungsmythen und esoterische Abgründe lernen – geht das? Ja – und zwar beim Special „#Ferngespräch“ von WildMics. Jede Woche seit kurz nach Beginn der Pandemie lädt Autor und Musiker Tommy Krappweis, Expert*innen verschiedener Fachrichtungen zur Live-Schalte. Es geht es um Fragen wie: Haben wir uns beim Impfstoff-Bingo in Deutschland verdödelt? Was ist eigentlich Kryptozoologie? Und: Wie geht es mit QAnon nach Trump weiter? Die wachsende Fangemeinde und ihre Reaktionen werden live in die Sendung eingebunden und schaffen so einen kleinen, wöchentlichen Lagerfeuer-Moment und Fixpunkt im Corona-Alltag.

Viral gehen!

Screenshot der Süddeutschen Zeitung "Die digitale Infektion"
Screenshot der Süddeutschen Zeitung „Die digitale Infektion“

Telegram hat sich während der Corona-Pandemie zu dem Messengerdienst emporgeschwungen, in dem die wildesten Verschwörungsmythen über Corona kursieren, Querdenker- und rechtsradikale Demos organisiert werden und „Stars“ der Szene wie Attila Hildmann, Eva Herman und Michael Wendler ihr neues Zuhause gefunden haben. Die Süddeutsche Zeitung beleuchtet in ihrer datenjournalistischen Recherche „Die digitale Infektion“ das Netzwerk genauer. Wie radikalisiert Telegram die bürgerliche Mitte in Deutschland? Wie verbreiten sich dort Mythen und Lüge? Welchen Einfluss hat QAnon auf Corona-Rebellen in Deutschland? SZ und NDR beobachteten dafür wochenlang tausende von Gruppen in dem sozialen Messengerdienst und verfolgten die Geschichte von Querdenkerin Sina Bodden aus München. So erfährt man viel über die Strukturen und Gruppierungen bei Telegram.

Einen anderen Ansatz bezüglich Corona-Fehlinformationen verfolgt das Web-Spiel „Go viral!“ des Social Decision-Making Labs der Universität Cambridge, DROG, Gusmanson und dem Kabinettsbüro des Vereinigten Königreichs. Hier beschäftigt man sich in dem ca. 5-minütigen Spiel mit den Mechanismen von Viralität und Falschmeldungen, indem man selbst Fakenews in Social-Media-Gruppen anhand von Auswahlantworten verbreitet und somit seine Credibility im Netz stärkt. Schaffst du es, mit deinen Verschwörungsmythen andere zu überzeugen? Hat jede*r das Zeug zum Verschwörungsmythiker und welche Mechanismen stecken dahinter? Aus anfänglichem Spaß im Spiel wird der Ernst trotzdem rasch deutlich und man lernt etwas über die Verbreitung und Mechanismen von Fehlinformationen.

Welche Wissenschaftsangebote im Web rund um Corona kennt ihr? Was hilft euch zur Wissenserweiterung in der Krise und von wem fühlt ihr euch besonders gut informiert? Reicht es für den Grimme Online Award ein. Noch bis zum 1. März.

2 Kommentare
  1. Ulla Bengs sagte:

    Ich frage mich, weshalb Sie in Ihrer Liste nicht den von mir noch vor Beginn der Frist eingereichten Vorschlag der ‚NTV-Infoseiten zur Corona-Lage‘ anführen?
    Diesen hatte ich ausführlich begründet, informieren diese Seiten doch sachlich, klar und überaus deutlich über die aktuelle Lage. Diese Seiten leisten im Alltag gute Dienste, insbesondere angesichts der Fülle an Meinungen/Vermutungen/Fake News/ politischen Statements!
    Ulla Bengs

    Antworten

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