Reportage mal anders
Kontroverse Themen und transparente Recherchen sind die Hauptmerkmale des YouTube-Kanals und funk-Angebots „Y-Kollektiv“. Aus ihrer persönlichen Sicht berichten junge Reporterinnen und Reporter in ihren Web-Dokus über Drogenkonsum oder Sexismus und fragen nach dem „Why“ – und das ganz menschlich, echt und nah. Dabei sprechen sie besonders ein junges Publikum an und sind im stetigen Dialog mit ihnen.
Das „Y-Kollektiv“ ist für den Grimme Online Award 2018 in der Kategorie Information nominiert. Redakteur Dennis Leiffels verrät im Interview, was ihre Reportagen ausmacht und wie das Team die Nähe zu seinen Zuschauern schafft.
Was unterscheidet die Reportagen des „Y-Kollektiv“ von Fernsehreportagen?
Wir erzählen unsere Geschichten so, wie wir sie erleben, nämlich subjektiv. Das heißt, für uns stehen auch ganz klar die Reporter im Vordergrund. Ich glaube, dass wir ein bisschen ehrlicher in unseren Geschichten sind und sagen, was und wie wir denken. Das hat nichts damit zu tun, uns als ReporterInnen in den Vordergrund zu spielen, sondern für die Zielgruppe ein bisschen transparenter zu sein, sodass sie weißt, wie diese Geschichten entstehen. Aber wir wollen auch genauso transparent sein, wenn wir einen Bock schießen und dafür geradestehen. Das ist auch gut so, denn so können die ZuschauerInnen uns und unsere Geschichten besser einordnen. Deswegen sind wir auch insgesamt näher an unsere Zielgruppe dran als so manch andere Fernsehreportage.
Siehst du diese Art von Reportagen auch als Experimentierfeld?
Nö. Ich glaube nicht, dass das ein Experimentierfeld ist, weil das, was wir machen, konsequent ist. Es geht bei uns um klassische Themen wie Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit oder Lifestyle, nur bereiten wir sie subjektiv auf. Jeder Film ist somit an sich ganz unterschiedlich und trägt die Hand des Autors, aber im Aufbau gibt es einen Wiedererkennungswert.
Nach welchen Kriterien werden die Themen für die Reportagen ausgewählt?
Wir haben ganz klassisch eine Redaktionskonferenz aber wir sagen, dass unsere ReporterInnen Überzeugungstäter sein müssen. Das heißt dass wir einer Reporterin oder einem Reporter kein Thema vorschlagen. Die Themen müssen von den ReporterInnen aus der eigenen Motivation herauskommen, weil wir glauben, dass jemand, der für sein Thema brennt, es mit einer anderen Leidenschaft umsetzen wird. Aber wir gehen auch darauf ein, was sich unsere NutzerInnen in den Kommentaren wünschen und diese Themen setzen wir dann um, wie zum Beispiel über linke Aktivisten – eines unserer erfolgreichsten Videos.
Wie wichtig ist der Dialog mit den Zuschauern?
Das ist enorm wichtig. Wir sagen, dass unsere Filme immer ein Leben davor, währenddessen und danach haben. Also nach der Reportage gehen wir auf die Kommentare ein und stehen für Fehler unsererseits gerade. Nach jeder Reportage veröffentlichen wir ein Q&A-Video, wo wir die Fragen der Zuschauer beantworten. Insgesamt nehmen wir das alles schon sehr ernst. Auf der anderen Seite hat auch die Belastung zugenommen, da Kritik nicht mehr an einem vorbeigeht wie bei einem Beitrag im Fernsehen. Man bietet Angriffsfläche und das ist auch der kleine Nachteil davon.
Wie sehen die Zukunftspläne des „Y-Kollektivs“ aus? Sind auch andere Formate als YouTube geplant?
Wir haben auf jeden Fall nicht vor aufzuhören. Wir haben jetzt knapp hundert Geschichten gemacht und sind damit noch am Anfang. Mit „Y-Kollektiv“ sind wir einer der erfolgreichsten Reportagenkanäle bei YouTube. Wir haben jetzt auch das Fernsehformat „Rabiat“. Das sind teilweise die gleichen MacherInnen wie beim „Y-Kollektiv“ und wir sehen das als ein großes Privileg, dass wir da noch zusätzlich Fernsehreportagen machen können. Die meisten von uns kommen vom Fernsehen, aber die spannendere Welt ist die Online-Welt. Ich glaube, die Zukunft steckt im Netz und die Öffentlich-Rechtlichen haben schon lang genug geschlafen, um dort aktiv zu sein und Inhalte zu machen. Dementsprechend können wir nach zwei Jahren schlecht sagen, dass das Ziel erreicht ist. Wir haben Feuer, wir haben Lust auf Geschichten, wir sind ein junges Team und ich hoffe, dass wir da noch sehr lange zusammen mit Radio Bremen, dem SWR und funk diese Geschichten machen können.
Das Interview führte Mine Aktas
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Die Videos entstanden im Rahmen der medienpraktischen Seminare des Masterstudiengangs International Media Studies (IMS) der DW-Akademie.
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