Den Groove erleben
Was macht Musik eigentlich mit uns? Kann Musik vielleicht viel mehr, als uns nur unterhalten? Das Multimedia-Projekt „Das Geheimnis des Groove“ von GEO beschäftigt sich mit genau solchen Fragen. Musiker und Wissenschaftler kommen zusammen und erforschen, was mit unserem Körper passiert, wenn wir einen guten Rhythmus hören.
Das Projekt ist in der Kategorie Wissen und Bildung für den Grimme Online Award 2018 nominiert. Autor Rüdiger Braun erzählt im Interview von der Bedeutung von Musik in der Therapie und seinen Erfahrungen, die er bei der Entstehung des Projekts machte.
Können Sie Ihr Angebot kurz vorstellen?
Im Prinzip geht es einfach darum, wie perkussive Musik auf uns wirkt. Da habe ich selber auch ein paar Erfahrungen gemacht als Hobby Perkussionist. Ich habe dabei festgestellt, dass man da in ganz verschieden Bewusstseinszustände bis hin zur Trance kommen kann. Deswegen war es mir ein Anliegen, das etwas tiefer zu ergründen und das Geheimnis des Groove mit Wissenschaftlern und Musikern zu diskutieren, um das Phänomen ein bisschen besser in den Griff zu bekommen.
Was ist der Groove eigentlich?
Ein guter Groove ist wirklich unwiderstehlich. Groove ist praktisch gehörte Bewegung. Wenn es ein guter Groove ist, muss man sich wirklich anstrengen, dass an nicht mitwippt, nicht mit dem Fuß mit klopft oder mit dem ganzen Körper in Bewegung geht.
Was wollen Sie damit zeigen oder erreichen?
Es gab gerade in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren relativ gute Beispiele, dass man über perkussive Musik nicht nur ganz viel Spaß haben kann, sondern dass diese auch eine therapeutische Wirkung hat, zum Beispiel in der Psychotherapie oder bei Alzheimer und Parkinson. Bei Leuten die von Parkinson betroffen sind hat man festgestellt, dass – wenn sie längere Zeit perkussiver Musik ausgesetzt sind und die angenehm finden – deren Gehmuskeln nach regelmäßigen Sessions beweglicher und stabiler werden.
Viele Leute trennen Kunst und Wissenschaft. Sollte man beides in Zukunft mehr vereinen?
Auf jeden Fall. Das sieht man auch an dem Neurowissenschaftler Petr Janata in Kalifornien, der als eine der großen Koryphäen in der Groove-Forschung gilt. Der ist auch Keyboarder und Musiker, der den Groove intensiv erlebt hat und genau aus diesem Erleben herausgegangen ist und gesagt hat „jetzt will ich aber auch mal verstehen, was da mit mir passiert“. Das sind dann die Leute die die Wissenschaft voranbringen, die beide Seiten kennen und das nochmal akademisch abklopfen. Da liegt großes Potenzial. Das sieht man auch an den Forschungen die am Max-Planck-Institut in Leipzig durchgeführt wurden. Tom Fritz hat dort Fitnessmaschinen konstruiert, die ein rhythmisches Feedback geben. Das bringt Leute dazu, leistungsfähiger zu werden und auch mehr Spaß zu haben.
Woran hatten Sie am meisten Spaß?
In Leipzig diese Geräte auszuprobieren. Ich habe festgestellt, dass es mich ausdauernder macht und wie die Messergebnisse zeigten auch kräftiger. Man kann sich kaum vorstellen, dass man auf ein Fitnessgerät steigt und sich eine Musik anhört, die man selbst erzeugt – also nicht im Hintergrund wie beim Joggen – sondern Loops, die speziell für diese Geräte komponiert worden sind. In einem Dreierteam haben wir auf unterschiedlichen Fitnessgeräten zusammen musiziert – das war schon toll.
Haben Sie auch einen Lieblingsrhythmus? Vielleicht einen, der immer gute Laune macht?
Ich mache afrikanische Perkussion und da gibt es natürlich Lieblingsrhythmen. Schwer zu sagen, was einen immer packt. Aber die Wissenschaftler haben natürlich gewisse Tempi herausgefunden bei denen es gut funktioniert. Es gibt beispielsweise so einen Rhythmus mit 120 bp/m der etwa dem Gehrhythmus entspricht und sehr animierend wirkt. Nur um ein Beispiel zu nennen.
Gibt es einen Bereich des Rhythmus, den sie noch weiter entdecken möchten?
Im Zusammenspiel mit anderen Musikern wirklich Grooves zu finden, die einen relativ schnell tragen – wobei man auch über das eigene bescheidene Können hinauswächst. Das ist mit manchen Musikern möglich, wenn man sich gut mit denen synchronisiert. Das hängt auch etwas davon ab, wie gut man ist und wie lange man ein Instrument beherrscht und wie souverän man damit spielen kann. Da möchte ich mich eigentlich weiterentwickeln. Wenn ich die wissenschaftliche Seite betrachte fände ich es gut, wenn die Medizin sich stärker auf das Thema einlässt, denn das ist einfach ein geniales Therapeutikum, das wenig kostet und große Wirkung entfaltet.
Das Interview führte Juliane Glahn
Die Videos entstanden im Rahmen der medienpraktischen Seminare des Masterstudiengangs International Media Studies (IMS) der DW-Akademie.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!