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Imagoras – Die Rückkehr der Bilder

Flux begleitet die Spieler durch die Welten der Bilder. Foto: Städel Museum

Das Frankfurter Städel Museum hat mit „Imagoras“ ein ganz besonderes Spiel produziert und einen neuen Vermittlungsweg geschaffen, um Kindern Kunst und Kunstbetrachtung leichter zugänglich zu machen. Der Spieler taucht in die Bilder des Museums ein und hat die Aufgabe, zusammen mit einem lustigen Helfer namens „Flux“, die Welt der Bilder von der Finsternis zu befreien. Das Projekt ist für den Grimme Online Award 2016 in der Kategorie Kultur und Unterhaltung nominiert. Axel Braun, Leiter der Presse und Onlinekommunikation im Städel Museum, erklärt im Interview, warum dieses interaktive Spiel Pionierarbeit in der Kunstvermittlung leistet.

Wie entstand das Projekt „Imagoras? Was war die Idee dahinter?

„Imagoras“ war für uns ein großes Experiment und auch ein großer Wunsch, den wir schon lange im Hinterkopf hatten. Wir merken als Museum natürlich, dass es immer schwieriger wird, die nachkommenden Generationen über klassische Kommunikationskanäle zu erreichen und haben festgestellt, dass „Games“ beziehungsweise digitale Spielkultur ein Bestandteil der Lebensrealität geworden sind, der immer mehr an Bedeutung gewinnt. Und genau deshalb wollten wir ein Computerspiel machen, welches Kunst in den Fokus stellt. Eine glückliche Fügung hat dann ergeben, dass wir Florian Stadlbauer von „Deck13 Interactive“ im Kontext einer unserer „Sommerakademien“ ins Städel Museum eingeladen hatten. Mit ihm, beziehungsweise mit den Spiele-Entwicklern von Deck13, hatten wir die perfekten Partner für das Vorhaben gefunden. Recht schnell führten wir erste Gespräche und tauschten Ideen aus, sodass wir schnell feststellen konnten, dass die Kollegen von der gegenüberliegenden Main-Seite ebenso begeistert von der Idee waren, wie wir. Wenig später haben wir uns auch schon an die Arbeit gemacht.

Gab die Begegnung mit Deck13 den letzten Anstoß, um das Projekt zu verwirklichen?

Die Spieler können in die Bilder eintauchen. Foto: Städel Museum

Die Spieler können in die Bilder eintauchen. Foto: Städel Museum

Nein, das nicht. Man muss hierzu wissen, dass wir ein Bürgermuseum sind, welches vor 200 Jahren von Johann Friedrich Städel, einem Frankfurter Gewürzhändler und Kaufmann, gegründet wurde. Dieser hat uns damals – im Geiste der Aufklärung – einen ganz klar formulierten Bildungsauftrag hinterlassen. Wir haben als Kunstmuseum eine gesellschaftliche Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen und die gerade auch darin besteht, möglichst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen für Kunst und Kultur zu begeistern. Und in diesem Kontext stellen wir uns regelmäßig die Frage, wie wir unseren Bildungsauftrag in der heutigen Zeit noch auf anderem Wege realisieren können. So entstanden unter anderem die Idee eines Computerspiels und unsere gesamte „Digitale Erweiterung des Städel“. Die Idee, das Projekt zu verwirklichen existierte also schon eine Weile.

Wie wurde „Imagoras“ entwickelt und umgesetzt?

Ich würde unsere Zusammenarbeit mit dem Team von „Deck13“ als herausragende Teamarbeit beschreiben. Hier trafen zwei Expertisen aufeinander: Zum einen die Spieleentwickler, die unter anderem Experten für Gamedesign und App-Entwicklung sind und zum anderen die Mitarbeiter aus dem Städel, als Experten für Kunstvermittlung. Gemeinsam haben wir ein Konzept herausgearbeitet, was dann später „Imagoras“ werden sollte: Ein Point-and-click-Adventure, in dem die Kunst – beziehungsweise die Bilder – nicht als Alibi oder schmückendes Beiwerk dienen, sondern den eigentlich Kern und die Welt des Spieles ausmachen, in denen sich spannende Abenteuer und Rätsel erleben lassen.
Es war ein langer Prozess, bei dem wir gemeinsam entwickelten, Werke aussuchten und die passenden Geschichten dazu entwarfen, um die Welt der Kunst mit einer „Game-Welt“ zu verschmelzen, die unseren inhaltlichen Ansprüchen auch entspricht. Uns war wichtig, dass das Spiel Wissen vermittelt, aber eben der Spaß und die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. Es sollte auf keinen Fall so wirken, als würde es sich nur um einen lieblos verpackten didaktischen Lehrauftrag handeln.

Das Spiel ist interaktiv und soll die Neugierde auf Kunst wecken. Foto: Städel Museum

Das Spiel ist interaktiv und soll die Neugierde auf Kunst wecken. Foto: Städel Museum

Was macht „Imagoras“ Ihrer Meinung nach besser als andere Lernspiele?

Wir setzen bei „Imagoras“ auf die richtige Mischung aus Darstellung und Vermittlung, welche nicht „von oben herab“ wirken, sondern die Schwellenängste abbauen soll. Wir versuchen, dem Spieler durch eigene Betrachtung und Untersuchung der Bilder einen ganz eigenen Einstieg in die Kunst zu ermöglichen. Wir sind bis jetzt der Ansicht, dass uns das mit diesem Projekt sehr gut gelungen ist. Diese Herangehensweise ist es vielleicht auch, die „Imagoras“ eben von manch anderen Lernspielen für Kinder und Jugendliche unterscheidet. Die Kunst ist, wie schon gesagt, kein Alibi – die Gemälde und deren Welten bilden das Spiel. Und das alles völlig werbe- und kostenfrei.

Ist „Imagoras“ also der moderne Weg, um Kunst für junge Zielgruppen interessant zu machen?

"Imagoras" kann auch auf Tablets gespielt werden. Foto: Städel Museum

„Imagoras“ kann auch auf Tablets gespielt werden. Foto: Städel Museum

Nun, Sie müssen sich das so vorstellen: Man taucht in mehrere Jahrhunderte Kunstgeschichte ein. Sei es nun ein Bild von Daniel Richter aus dem Jahr 2007, bis hin zu einem Bild von Pieter Bruegel von 1559. Und obwohl das ganz verschiedene künstlerische Ansätze sind, lernen die Kinder, oder generell die Spieler, quasi durch die „Hintertür“ etwas über Kunstbetrachtung, die jeweilige Epoche oder die Themen des Bildes – und das ganz automatisch und spielerisch. Damit sehen wir unseren musealen Bildungsanspruch als erfüllt an und freuen uns, wenn das Spiel sowohl Spaß macht als auch eine allgemeine Neugierde für Kunst weckt. Das Feedback, was wir bislang bekommen, geht tatsächlich genau in diese Richtung.

Was bedeutet die Nominierung für den Grimme Online Award für Ihr Team?

Axel Braun bei der Nominierung für den Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut / Rainer Keuenhof

Axel Braun bei der Nominierung für den Grimme Online Award 2016. Foto: Grimme-Institut / Rainer Keuenhof

Es ist eine große Freude gewesen, zu hören, dass wir nominiert wurden – aber auch eine Überraschung, da wir das Spiel gar nicht aktiv eingereicht haben, sondern „Imagoras“ von einem Nutzer für den Preis vorgeschlagen wurde. Umso mehr freuen wir uns, dass sich unser Spiel durchsetzen konnte und wir unter den Nominierten  sind. Für unser Museum ist es ganz klar etwas sehr Besonderes, für so einen renommierten Medienpreis vorgeschlagen worden zu sein. Vor allem mit einem Projekt im digitalen Bereich, wo wir als Städel Museum, quasi immer noch Pionier-Arbeit leisten. Solche Angebote gehören nicht zum Standardprogramm eines Museums und bedeuten eine große Kraftanstrengung für alle Beteiligten. Daher war es für unsere Mitarbeiter, wie auch für die Entwickler von „Deck13“ eine wirklich sehr positive Nachricht zu hören, dass das Ergebnis unserer Arbeit nicht nur bei der Zielgruppe gut ankommt, sondern auch von einer Jury als gut genug empfunden wird, um es gegebenenfalls auszuzeichnen.

Werden Sie noch weitere Projekte wie „Imagoras“ entwickeln?

Ja, definitiv. Wir merken, wie wichtig es ist, neue Arten der Vermittlung und Kommunikation zu entwickeln. Ich denke, dass Computerspiele an sich auch eine kulturelle Leistung und nicht nur eine technische darstellen und dass auf diesem Wege das Image von Computerspielen ebenfalls verbessert werden kann. „Imagoras“ wird jedenfalls nicht unsere letzte Initiative in diese Richtung gewesen sein.

Autor: Lukas Backhausen

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Die Interviews mit den Nominierten und die Videos sind im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars an der Universität zu Köln entstanden.

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