HOAXmap – Wenn die Gerüchteküche brodelt
Seit dem drastischen Anstieg der Flüchtlingsströme werden in Deutschland in den Sozialen Medien immer mehr verunglimpfende Gerüchte über Asylsuchende verbreitet. Social-Media-Redakteurin und Unternehmensberaterin Karolin Schwarz sowie ihr Teamkollege Lutz Helm hatten genug davon und gründeten im Februar 2016 die Seite HOAXmap mit dem Ziel, Ordnung in das gestreute Gerüchtechaos zu bringen und eine Dekonstruktion der Falschmeldungen zu erleichtern. Sie sammeln auf der Seite nachweislich widerlegte Falschmeldungen und reichern sie mit den korrekten Berichten von seriösen Medien an. Das Projekt „HOAXmap – Neues aus der Gerüchteküche“ ist in der Kategorie Spezial für den Grimme Online Award 2016 nominiert. Karolin Schwarz berichtet in diesem Interview von der Recherchearbeit.
Wie ist das Projekt „HOAXmap“ entstanden?
Zum einen spielte mein persönliches Interesse an Datenvisualisierung eine Rolle und zum anderen habe ich vergangenes Jahr in einer Erstaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge gearbeitet. Dort bin ich mit vielen Gerüchten konfrontiert worden. Zudem habe ich viele Falschmeldungen im Internet gelesen und irgendwann den Wunsch gehabt zu schauen, ob es Zusammenhänge gibt. Ich wollte eine Plattform schaffen, wo sich die Menschen informieren können, was an den Gerüchten wirklich dran ist. Ich habe dann meinen guten Freund und Software-Entwickler Lutz Helm mit ins Boot geholt und wir haben die Seite gemeinsam ins Leben gerufen.
Wie sieht ihre Recherchearbeit zu den Falschmeldungen aus?
Wir sind am 8. Februar 2016 mit 177 Meldungen online gegangen. Die haben wir alle aus Suchmaschinen, Facebook und Twitter zusammengesammelt und recherchiert. Seitdem sind knapp 200 weitere Meldungen dazugekommen. Darunter sind auch viele, die wir geschickt bekommen haben. Sie wurden teilweise von Menschen gesammelt, die unsere Arbeit mitverfolgt haben. Wir tauschen uns aus und unsere Leser informieren uns oft, sobald in ihrer Region wieder Falschmeldungen auftauchen.
Welche Intention steht bei ihrem Projekt im Vordergrund?
Einerseits ist es uns wichtig einen Pool zu schaffen für Menschen, die mit solchen Dingen konfrontiert sind und die vielleicht auch eine Argumentationshilfe oder eben Datenbank gut gebrauchen können. Und dieses Feedback bekommen wir auch von den Besuchern der Seite. Zum anderen wollen wir aber auch eine Faktengrundlage schaffen, die zeigt, dass mit Gerüchten gearbeitet und ein starker emotionaler Diskurs betrieben wird. Davon gilt es wegzukommen. Zukünftig würden wir gerne noch die Daten auswerten und uns mit Fragen auseinandersetzen wie: Gibt es inhaltliche Zusammenhänge zwischen den Gerüchten? Wo liegen die regionalen Schwerpunkte? Nehmen die Gerüchte nach bestimmten Ereignissen zu? Das wäre der nächste Schritt.
Kommt Ihnen eine Falschmeldung in den Sinn, die besonders absurd gewesen ist?
Da gibt es mehrere. Mir fällt da die Geschichte von Schwänen ein, die von einem Thüringer See verschwunden sind. Es wurde behauptet, dass sie von Flüchtlingen gegessen worden seien. Oder, was noch relativ aktuell im Umlauf ist, dass sich zwei oder drei Flüchtlinge zu einer Frau auf dem Parkplatz ins Auto gesetzt und von ihr verlangt haben in die Flüchtlingsunterkunft gefahren zu werden. Teilweise gibt es dann noch den Zusatz, dass die Polizei dazu gerufen wird, aber nichts ausrichten kann. Solche Falschmeldungen gibt es leider oft und zwar überregional.
Wie könnte sich ein Gewinn des Grimme Online Award positiv auf das Projekt auswirken?
Das ist ehrlich gesagt noch gar nicht greifbar für uns. Natürlich freuen wir uns sehr über die Nominierung und das Wichtigste für uns ist, dass wir mit HOAXmap ein Bewusstsein für den Umgang mit Gerüchten schaffen. Vielleicht gehen die Menschen demnächst auf unsere Seite, um ein Gerücht zu überprüfen, bevor sie dem was sie lesen sofort Glauben schenken. Das würde uns sehr freuen.
Autorin: Valentina Rekowski
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Die Interviews mit den Nominierten und die Videos sind im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars an der Universität zu Köln entstanden.
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