Soziale und kulturelle Unterschiede entlang der Berliner Buslinie M29
Berlin ist nicht nur die Bundeshauptstadt, sondern auch die Stadt der enormen Gegensätze: Arbeitslosenquote, Einkommen und Bildungsstand schwanken stark. Mit dem – für den Grimme Online Award 2015 nominierten – Projekt „M29 – Berlins Buslinie der großen Unterschiede“ werden diese Differenzen entlang der Buslinie M29 grafisch aufbereitet. Julius Tröger, Redakteur der Berliner Morgenpost, erläutert, warum sich besonders an dieser Strecke die Gegensätze zeigen, und verdeutlicht das Konzept hinter dem Projekt.
Wie kam es zu dem Projekt „M29 – Berlins Buslinie der großen Unterschiede“? Was ist die Intention des Projekts?
Theresa Rentsch schrieb mich an, ob sie gemeinsam mit unserem Interaktiv-Team ihre Masterarbeit zum Thema Multimedia-Journalismus umsetzen könne. Gemeinsam haben wir die Idee, Geschichten anhand von Statistiken entlang Berlins Haltestellen zu erzählen, verfeinert.
Warum wählten Sie gerade die Buslinie M29? Sind andere Strecken hinsichtlich der sozialen Unterscheidung weniger signifikant?
Wir haben mehrere Linien ausprobiert. Nach den ersten Test-Visualisierungen war schnell klar, dass wir uns für den M29er entscheiden. Wir waren überrascht, wie deutlich sich die Statistiken vom einen bis zum anderen Ende der Linie unterscheiden. Von Vollbeschäftigung bis 17,5 Prozent Arbeitslosigkeit, von der absoluten Mehrheit für die CDU bis zum Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde derselben Partei einige Kilometer weiter.
Außerdem ist die M29-Linie stadtweit bekannt. Sie ist hinter der Linie TXL, die zum Flughafen Tegel fährt, die überfüllteste Buslinie in Berlin. Der Bus kommt oft zu spät. Und wenn er dann mal kommt, findet man häufig keinen Platz mehr. Bei Facebook gibt es eine eigene Fan-Seite für den „M29 – der Bus der Hölle„.
Sie liefern mit Ihrem Projekt eine Reihe von lokal sehr differenzierten Daten und Statistiken zu unterschiedlichen Bereichen. Woher nehmen Sie Daten?
Viele Datensätze haben wir vom Berliner Statistikamt. Wir nutzen aber auch Daten der Polizei und eines Immobilien-Dienstleisters. Mit den meisten Zahlen hatten wir schon in früheren Projekten wie etwa unserer Berlinwahlkarte gearbeitet. Die meisten Daten liegen uns sehr kleinteilig vor, oft bis auf wenige hundert Meter Umkreis genau.
Bringen Sie uns bitte kurz Ihre Arbeitsweise etwas näher. Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?
Wir arbeiten interdisziplinär. Im Interaktiv-Team der Berliner Morgenpost arbeiten Journalisten, Programmierer und Designer zusammen. Meistens legen wir mit einer ersten Idee einfach los. Wir veröffentlichen regelmäßig Anwendungen, Grafiken, Karten und Storytelling-Formate, finden Nachrichten in Daten und experimentieren mit neuen Darstellungsformen.
Was bedeutet die Nominierung für den Grimme Online Award für Sie?
Wir haben uns schon mehrmals für den Grimme Online Award beworben. Nach dem Anruf hat sich das ganze Team riesig gefreut und wir haben erst einmal gemeinsam angestoßen. Wir hatten eine sehr positive Resonanz unserer Nutzer auf das Projekt. Dass das die Nominierungskommission auch so sieht, bestärkt uns in unserer Arbeitsweise.
Wie könnte sich ein Gewinn des Grimme Online Award positiv auf das Projekt „M29 – Berlins Buslinie der großen Unterschiede“ auswirken? Was erhoffen Sie sich auch in Hinblick auf potentielle neue Projekte?
Wir spielen schon länger mit dem Gedanken, das Projekt zu erweitern, indem wir Daten für alle Berliner Bus- aber auch S-, U- oder Tramlinien auswerten. Mit diesem Erfolg im Rücken werden wir dieses Projekt in den kommenden Monaten umsetzen.
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