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Apps in der Diskussion

In ihrem Beitrag „Apps sind preiswürdig“ hat Monika Gemmer bereits gute Gründe genannt, warum der Grimme Online Award auch Apps in seinen Wettbewerb aufnehmen sollte. Nun muss sich die Nominierungskommission in diesem Jahr erstmals mit Apps beschäftigen – und sich in der Diskussion über Bewertungskriterien verständigen.

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Wie auch bei anderen Angeboten stellt sich für die Nominierungskommission vornehmlich die Frage, ob und inwiefern eine App publizistisch ist. Die bekanntesten und beliebtesten Apps sind Anwendungen ohne jeden publizistischen Anteil. Es gibt aber durchaus auch Mischformen, in denen der publizistische Charakter innerhalb der App überwiegen sollte. Entscheidend ist dabei auch das Thema, das dahinter steht: Fördert die App thematisch eine öffentliche Diskussion – etwa dadurch, dass sie ein relevantes Thema behandelt, auch wenn sie selbst möglicherweise keinen hohen Wortanteil hat? Dann kann auch eine kluge Auswertung einer Datenbasis durchaus publizistisch sein.

Ohne Frage publizistisch sind Apps, die zum Beispiel von Tageszeitungen kommen. Sie sind mitnichten immer eine eins zu eins Abbildung des Printangebotes, sondern werden zum Teil für die App komplett neu zusammengestellt und mit multimedialen Elementen ausgestattet. Dennoch handelt es sich hier um die Inhalte einer Tageszeitung und so würde mehr oder minder die grafische Aufbereitung bewertet. Anders – und mit der Beurteilung von Webspecials vergleichbar – ist es bei Spezialausgaben, die sich weitestgehend einem Thema widmen. Hier kann die Nominierungskommission beurteilen, wie gut und vor allem App-spezifisch das Thema aufbereitet wurde.

Die „App-Spezifik“ ist ohnehin eines der wichtigsten Beurteilungskriterien. Wie sich die Nominierungskommission schon immer gefragt hat, welchen Mehrwert eine bestimmte Website zum Beispiel gegenüber einem Printprodukt oder einer CD-Rom bietet, muss sie sich nun fragen: Welchen Mehrwert bietet eine App gegenüber einer klassischen Website? Nur eine hübsche grafische Aufbereitung der Inhalte wäre sicher zu wenig, auch allein die Tatsache, dass sie mobil zu nutzen ist, reicht nicht. Nur wenn sich durch eine App in der mobilen Nutzung ein Alleinstellungsmerkmal ergibt, es also einfach nur sinnvoll ist, sie von unterwegs zu nutzen, kann dies ein App-spezifischer Mehrwert sein. Ein klarer Vorteil von Apps gegenüber Websites ist zudem sicher die Einbindung von Geodaten oder Elementen von Augmented Reality.

Ganz klar ist also: Einfach nur das Abbild der Website oder die mobile Website reichen nicht, um im Wettbewerb zu bestehen – müssen sich doch die Apps in den einzelnen Kategorien mit Websites messen. Und im Wettbewerb ist die Nutzersicht entscheidend: Wann ist es für den Nutzer sinnvoll, eine App zu verwenden, wann ist es vielleicht bequemer am heimischen Computer auf eine Website zu gehen? Die Nutzersicht ist auch der Grund dafür, mindestens die Betriebssysteme Android und iOS zur Vorgabe zu machen. Insbesondere aus Sicht kleinerer Produzenten sicher eine hohe Hürde, aber nur so ist der Nutzer nicht an ein bestimmtes Endgerät gebunden. Und: Kleinere Anbieter können immer noch mit der klassischen Website oder dem Blog im Wettbewerb antreten. Wie das Gerät könnten für den Nutzer auch Kosten eine Hürde für die Nutzung von Apps sein – auch für die Nominierungskommission eine schwierige Frage, denn einerseits möchte man keinem Anbieter verweigern, mit seinem Produkt auch Geld zu verdienen, andererseits soll die Nutzung aber einem möglichst großen Personenkreis offen stehen.

So werden die zum diesjährigen Wettbewerb vorgeschlagenen Apps noch angeregte Diskussionen hervorrufen – und wir dürfen auf das Ergebnis gespannt sein.

Hier können Sie Apps, aber natürlich auch Webangebote, zum Grimme Online Award 2012 vorschlagen.

3 Kommentare
  1. ralph kloos sagte:

    Sehr geehrte Kommission

    wie sieht es denn eigentlich mit den neuen iBooks aus, die man via APPLE natürlich speziell für iPAD, iPHONE und iPOD TOUCH produzieren kann?

    mfg Ralph Kloos

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  2. Vera Lisakowski sagte:

    Da die mit iBooks produzierten E-Books exklusiv für Apple-Produkte sind, sind sie im Wettbewerb nicht zugelassen – Voraussetzung ist ja, dass das Angebot mindestens auf iOS und Android läuft. Aber auch E-Books, die auf verschiedenen Geräten lesbar sind, kommen wohl aufgrund der App-Spezifik nicht in Frage. Denn: Welche medienspezifischen Vorteile hat ein bestimmtes E-Book gegenüber einem gedruckten Buch?

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  3. Monika Gemmer sagte:

    Ich versuch’s mal: Eine App sollte die Möglichkeiten ausschöpfen, die das Gerät, auf dem sie läuft, mitbringt, und das auch noch sinnvoll. Die Ortungsfunktion wäre ja so eine Möglichkeit. Wenn eine App zum Beispiel Inhalte mit Orten verknüpft, dann könnte man von einem Angebot sprechen, das gerade in dieser Form besonders sinnvoll ist. Ich nenn mal als Beispiel die App Newslokal, eigentlich nichts als ein Aggregator, der Nachrichtenfeeds von lokalen Zeitungen anzeigt, je nach Aufenthaltsort des Nutzers. Andererseits: Manche Browser „können“ GPS ja inzwischen auch, so dass das solches „ortssensitive“ Informieren (heißt das so? Oder hab ich das grad erfunden?) eigentlich auch schon kein Alleinstellungsmerkmal von Apps mehr ist … Hm, zugegeben, die Kriterien sind nur schwer zu fassen, es lassen sich kaum klare Grenzen ziehen, die nicht schon morgen wieder über den Haufen geworfen sind.

    Was die Apps von Verlagen angeht (Disclaimer: ich arbeite für einen solchen): Da ist es mit reiner Zweitverwertung von Texten und Bildern nicht getan, das haben die meisten begriffen. Viele Inhalte entstehen nur für die App – weil sie im Printprodukt nicht funktionieren und für den gewöhnlichen Online-Auftritt zu aufwendig, zu teuer, zu sonstwas wären. Insofern ist es schon gut, dass Apps die Taschen der Verleger ein wenig öffnen. :)

    Noch ein Gedanke zu den eBooks: Wenn so was wie „Life on Earth“ Schule macht und interaktive Bücher bald keine Apple-exklusive Veranstaltung mehr sind, können die aus meiner Sicht auch das Zeug zum Grimme Award haben. Da kommt was auf euch zu! ;)

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