Qualität beurteilen – aber wie?
Kann ein Tweet genauso gut sein, wie eine Website? Wie webspezifisch sind Videos im Internet? Wie kann man ihre Qualität beurteilen? Sind Apps wirklich Online-Angebote? Und wie viele davon sind publizistisch relevant? Können Nutzer über Soziale Netzwerke publizistische Inhalte transportieren? Und was, wenn die publizistische Leistung nicht von einer Person, sondern von einem Algorithmus erbracht wird?
[imagebrowser id=9]
Die Herausforderungen an eine – begründete und nachvollziehbare – Bewertung von publizistischer „Qualität im Netz“ sind keinesfalls kleiner geworden. Wir halten es jedoch für wichtiger denn je, sich ihnen zu stellen. Denn die wachsende Bedeutung der Online-Kommunikation hat gerade das vergangene Jahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Vom „GuttenPlag Wiki“ über Stuttgart 21 oder die Occupy-Bewegung bis hin zur Mobilisierungs- und Organisationskraft für die Opposition in Arabien – mehr und mehr Nutzer machen offenbar ernst mit der Partizipation im und der politischen Einmischung über das Netz.
Doch nicht nur die politische Relevanz hat signifikant zugenommen, für immer weitere Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens spielt das Internet nahezu eine Schlüsselrolle. Social Media, mobile Nutzungen, die Verknüpfung mit Geo-Daten, QR-Codes und Augmented Reality sind Stichworte, welche die gegenwärtige Entwicklung relevanter Online-Anwendungen kennzeichnen.
So sind inzwischen rund drei Viertel aller deutschen Onliner in einem Netzwerk aktiv. Laut Bitcom werden bis zum Jahresende in Deutschland rund 1,5 Millionen Tablets verkauft sein, und weltweit will allein Apple im kommenden Jahr mehr als 60 Millionen iPads verkaufen. Doch ständige Erreichbarkeit, geografische Verortung, private Präsenz in Netzwerken und überall vorhandene Verknüpfungen mit der analogen Realität, „die historische Wende zum allgegenwärtigen Internet“ (Spiegel 49/2011), haben auch ihre Schattenseiten.
Der Preisträger des Grimme Online Award 2011 „Verräterisches Handy“ demonstriert die Gefahr eines solchen Kontrollverlustes über die persönlichen Bewegungsdaten, während die Prämierung des „GuttenPlag Wiki“ das Gegenteil hervorhebt, nämlich die partizipative, öffentliche Kontrolle über den fragwürdigen Erwerb wissenschaftlicher Reputation.
Mit anderen Worten: Es geht um Entwicklungen, um Potenziale und Risiken eines immer interaktiveren, mobilen und fluiden Netzes, bei dem die klassische Website nur einen Ausschnitt möglicher Online-Präsenz darstellt.
Der Grimme Online Award mit seinem Anspruch, herausragende „Qualität im Netz“ ausfindig zu machen und zu bewerten, muss sich daher fragen, worin sich denn in Zukunft publizistische Online-Qualität zeigt, und wie sie sich beschreiben lässt, wenn eine Werk-Betrachtung, wie sie klassischerweise durch Jurys vorgenommen werden kann, immer schwieriger wird.
In einem Workshop haben wir diese Frage(n) in einem Kreis von Online-Experten unter unterschiedlichen Perspektiven und inhaltlichen Facetten diskutiert. Nun, da der Wettbewerb zum Grimme Online Award 2012 bevorsteht und wir uns ganz konkret mit der Online-Qualität 2012 befassen werden, wollen wir in einigen Beiträgen Überlegungen und Erträge des Workshops begleitend vorstellen und zur Diskussion einladen.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!