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Apps sind preiswürdig!

Ein Gastbeitrag von Monika Gemmer, Redakteurin bei der Online-Redaktion der Frankfurter Rundschau und dort zuständig für die FR App.

Zugegeben: Der Rummel um Apps kann ganz schön nerven. Sogar meine Bank meint, sie müsse ihre Angebote auf Werbeplakaten in Form von kleinen quadratischen App-Icons anpreisen. Vor der Apple-Symbolik scheint man nirgends mehr sicher – und jetzt sollen Apps auch noch Einzug halten beim Grimme Online Award? Muss das sein?

Ja, das muss. Drei gute Grunde sprechen daür – mindestens.

1.) Der Weg ist nicht das Ziel

Der Grimme Online Award ist ein Preis für publizistische Qualität im Netz. Auf welchem technischen Weg diese Inhalte zum Nutzer kommen, sollte keine entscheidende Rolle spielen. Welchen nachvollziehbaren Grund könnte es geben, eine bestimmte technische Plattform generell vom Wettbewerb auszuschließen – ausgerechnet bei einem Preis, der explizit nach innovativen Formaten sucht?

Ohnehin sind diese scheinbar getrennten Welten nicht mehr auseinander zu halten: Web-Apps, mobile Webseiten, die plattform- und geräteübergreifend laufen und z.B. die GPS-Funktionalität von Smartphones und Tablets nutzen, tragen den Brückenschlag schon im Namen.

2.) Die Auswahl ist groß (genug)

Mehr als 500.000 Anwendungen im Appstore und wohl an die 600.000 Android-Apps allein in Googles Market (Android-basierte Apps sind darüber hinaus auch über andere Plattformen legal verfügbar), dazu ungezählte Web-Apps – und darunter sollten keine potentiellen Preisträger zu finden sein? Kann ja gar nicht sein.

Zwischen all den Spielen und Dienstprogrammen finden sich längst auch  Anwendungen, die den Wettbewerb um publizistische Qualität nicht zu scheuen brauchen. Egal für welche Plattform, ob native Anwendung oder Web-App: Die Zahl jener, die die Kriterien für den Grimme Online Award locker erfüllen, ist groß genug. Sie haben publizistische Relevanz, sie bieten qualitativ hochwertige Inhalte, sie sind multimedial, kreativ, nutzerfreundlich, kommunikativ – und deutschsprachig. Eine ganze Reihe von Apps haben alles zu bieten, was das Herz eines Nominierungskommissions- oder Jurymitglieds begehrt. Man muss sie nur finden. Aber ein Spaziergang war die die Suche nach Qualität im Web ja noch nie.

Und woran erkennt man sie nun, die guten, die vielleicht sogar preisverdächtigen Apps? Seit das iPhone vor vier Jahren auf den Markt kam, war genug Zeit, damit sich Qualitätsmerkmale herauskristallisieren konnten. Neben hochwertigen Inhalten sollte eine App etwas bieten, was das Web so nicht oder nicht so gut kann – etwa die GPS-Funktion des Smartphones sinnvoll nutzen, zum Beispiel, um Nachrichten aus der aktuellen Umgebung des Nutzers zu präsentieren. Oder zusätzlich die Kamera einsetzen, um die Realität zu erweitern und ortsbezogenes Wissen verfügbar zu machen („Augmented Reality“). Sie kann Datenbanken offline zur Verfügung stellen oder dem Nutzer Pushnachrichten mit echtem Mehrwert senden. Und natürlich sollte sie sich denselben Fragen stellen wie die Internetseiten, die um den Preis konkurrieren: Bietet sie eine Anbindung ans Web durch Verlinkungen auf weitere Informationen, andere Seiten, soziale Netzwerke – oder gibt sie sich als „geschlossene Veranstaltung“? Bringt sie Schnittstellen zu externen Anwendungen wie Instapaper oder Twitter mit? Und, natürlich und nicht zuletzt: Sind ihre Inhalte aktuell, zuverlässig, glaubwürdig – und ist die App überhaupt sinnvoll?

Eine technische Hürde schließlich, die gute Apps nehmen sollten, ist die Verfügbarkeit für möglichst viele Nutzer. Eine Anwendung, die ausschließlich auf einer Plattform läuft – sei es iOS oder Android – dürfte dieses Kriterium nicht erfüllen.

3.) Alles ändert sich

Das Netz verändert sich ständig, ein Netz-Preis muss es auch. Im Jahr 5 der mobilen Applikation für das breite Publikum ist auch für den Grimme Online Award der rechte Zeitpunkt gekommen, technologisch den Horizont zu erweitern. Mobile Webseiten sind wichtig, mit dem HTML5-Standard werden sie besser und damit noch wichtiger. Web und Apps werden zunehmend verschmelzen, und für die Nutzer wird am Ende vor allem eins zählen: gute, sinnvolle Anwendungen. Darum: Öffnet den Grimme Online Award für Apps!

5 Kommentare
    • Mechthild Tembusch-Droste sagte:

      Gern mache ich hier einen Vorschlag: Es gibt seit Mitte 2011 einen neuen Verlag in Düsseldorf, der sich auf die Entwicklung und Produktion von WissensApps für Kinder spezialisiert hat.
      Tembusch Verlag für interaktives Kinderwissen. http://www.tembusch-verlag.com

      Es liegt ein Anfang einer Edition in Form von zwei Apps vor und ein erstes Wissensspiel. Die Apps sind für Kinder ab vier Jahren konzipiert, hochwertig in der Gestaltung und sollen durch interaktive Elemente spielerisch Wissen vermitteln.
      1-2-3 Wer ist beim Schiffsausflug dabei? und 1-2–3 Wer ist beim Bergausflug dabei? sind die beiden Interaktiven Hörlesebücher. Wahlweise in deutscher oder englischer Sprache zu lesen.
      „Schlaue Eule – Clever Owl“ ist ein erstes kleines Kopftrainingsspiel, ebenfalls in deutscher oder englischer Sprache entwickelt.
      Ich finde die Apps preisverdächtig, denn wir haben bisher sehr gute Resonanz.

      Allerdings sind alle hier genannten Applikationen in der StartUp-Phase des Verlags bewusst für das iPad entwickelt worden, da man in diesem Format ideal lesen kann und sich mit einem iPad auch mal in Ruhe hinsetzt.
      Sicherlich wäre es schön, wenn man direkt auch auf anderen Plattformen seine Apps zur Verfügung stellen und ausprobieren könnte, aber die Programmierung ist ja ein erheblicher Kostenfaktor gerade in der Startphase von jungen Unternehmen.

      In der zukünftigen Entwicklung des Verlagsprogramms, werden aber immer auch alle Plattformen bei neuen Produkten auf den sinnvollen Einsatz hin überprüft.
      Mit besten Grüßen
      Mechthild Tembusch-Droste

      Antworten
      • Vera Lisakowski sagte:

        Die Apps müssen laut unserem Statut tatsächlich plattformübergreifend sein, also mindestens für iOS- und Android-Betriebssysteme verfügbar sein.
        Welches Endgerät – also Tablet oder Handy – ist dabei zunächst nicht entscheidend. Wenn eine App für ein Tablet konzipiert wurde, muss sie nicht auch auf einem Mobiltelefon verfügbar sein – wichtig ist nur, dass App und Endgerät sinnvoll zusammengehen. (Als Beispiel: Längere Texte liest man sicher lieber auf einem Tablet, wohingegen z.B. Apps die mit Barcodes arbeiten sicher sinnvoller vom Handy zu nutzen sind, da man das eher im Supermarkt dabei hat, als ein Tablet.)

        Antworten

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  1. […] (ebenda). Man denke hier nur an die unüberschaubare Welt der Apps, die ganz eigene, teils preiswürdige Medienqualitäten entfalten. Nicht das Internet wird als digitales Ökosystem bezeichnet, sondern auch hier kleinere […]

  2. […] ihrem Beitrag “Apps sind preiswürdig” hat Monika Gemmer bereits gute Gründe genannt, warum der Grimme Online Award auch Apps in […]

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